Kommentar zur Landtagswahl in Bayern Historische Watschn

Meinung | München · Krachende Niederlage für die sonst kraftstrotzende CSU: Ihre absolute Mehrheit in Bayern ist dahin. Das Gute an der Bayern-Wahl ist: Sie ist endlich vorbei, findet GA-Redakteur Nils Rüdel.

 Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, kommt zur Wahlparty der CSU in den Landtag.

Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, kommt zur Wahlparty der CSU in den Landtag.

Foto: dpa

Das Gute an der Bayern-Wahl ist: Sie ist endlich vorbei. Nach monatelangem Streit in der großen Koalition in Berlin, befeuert von einer irrlichternden CSU, war es höchste Zeit, dass der Wähler in Bayern sagte: Jetzt red’ i! Ergebnis: eine Watschn historischen Ausmaßes für die CSU. Ein brutaler Schlag für die SPD. Und Zuwächse für die anderen: die Grünen im Höhenflug. Die AfD zweistellig. Gewinne bei Freien Wählern und FDP.Die CSU verliert weit mehr als ihre gewohnte absolute Mehrheit. Die Wähler haben sie zurechtgestutzt auf die Größe einer normalen Partei. Im Bund konnte die CSU immer nur deshalb so breitbeinig auftreten, weil sie zu Hause so stark war.

Das ist nun vorbei. Sie ist jetzt auch offiziell nur noch ein Scheinriese. Aus dem Grab Franz Josef Strauß’ dürften am Sonntagabend heftige Drehgeräusche zu hören gewesen sein.Die CSU erlebt wie auch CDU und SPD den Bedeutungsverlust der Volksparteien. Bei dieser Wahl aber waren viele Probleme hausgemacht – vor allem das Verhalten der Parteiführung. CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer hat sich als destruktive Kraft hervorgetan und zwei Mal den Bruch der Koalition riskiert. Zwar mögen es die CSU-Wähler, wenn ihre Vertreter in Berlin ein wenig „Mia san mia“-Radau machen. Aber sie wollen keinen Krach nur um des Kraches willen.Verantwortlich sind aber auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und Ministerpräsident Markus Söder, die den Dauerstreit mitbefeuerten.

Söder setzte in Berlin auf Konfrontation und in Bayern auf weißblaue Identität. Er machte aus dem Kreuz ein Folklore-Accessoir und verärgerte die Kirchen. Er trieb ein neues Polizeigesetz voran und verschreckte das liberale Bürgertum. Er übernahm aus Angst vor der AfD deren Parolen und malte mit am Bild des bedrohlichen Zuwanderers – statt zu zeigen, wie erfolgreich Bayern mit der Flüchtlingskrise umgeht. Und schließlich fehlte dem ehrgeizigen Juristen aus Nürnberg alles Landesvaterhafte. Zwischen Söder und Seehofer haben die Schuldzuweisungen schon vor der Wahl begonnen. Ob sie das Desaster politisch überleben, ist noch nicht ausgemacht.

Freiwillig werden sie nicht so schnell weichen.Söder muss jetzt innerhalb von vier Wochen eine Koalition schmieden. Die SPD hat sich mit ihrem katastrophalen Ergebnis als Regierungsalternative verabschiedet. Eine Mehrheit, wenn auch eine kleine, gäbe es mit den Freien Wählern. Klarer wären die Mehrheitsverhältnisse mit den Grünen, die CSU und SPD viele Wähler abgerungen und ein sensationelles Ergebnis eingefahren haben. Doch die politischen Unterschiede zwischen den Erzfeinden sind gewaltig.Eines steht aber jetzt bereits fest: Das Naturgesetz Bayern gleich CSU – CSU gleich Bayern gilt nicht mehr. Der Freistaat ist politisch normaler geworden.

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