Interview mit Landwirtschaftsministerin "Haben viele Möglichkeiten das Klima zu schützen"

Berlin · Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner spricht über die Belastung des Grundwassers mit Nitrat, die Wiederaufforstung von Wäldern und einen nachwachsenden Rohstoff.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner fordert die Bundesländer auf, Brandschutzvorschriften für Holzbauten zu lockern. Holz helfe dem Klima, sagt die CDU-Politikerin. Mit ihr sprach Kristina Dunz.

Die EU-Kommission droht Deutschland mit Geldstrafen in Millionenhöhe, weil bei uns das Grundwasser zu stark durch Gülle und Nitrat belastet wird. Die letzte Frist läuft am 25. September ab. Ende August reisen Sie mit Umweltministerin Svenja Schulze nach Brüssel. Was werden Sie im Gepäck haben?

Julia Klöckner: Wir haben 2017 die Düngeverordnung bereits massiv verschärft. Es wäre aus unserer Sicht sinnvoll gewesen, wenn sich diese Maßnahmen erst einmal hätten entfalten können. Wir sind aber konstruktiv mit der Kommission im Gespräch. Grundwasserschutz betrifft uns alle.

Werden Sie noch einmal um Fristverlängerung bitten oder das Düngerecht nachschärfen?

Klöckner: Weitere Maßnahmen sind notwendig, die zu einer geringeren Nitratauswaschung führen. Dazu muss die Gülle in Regionen mit intensiver Tierhaltung besser verwertet werden, zum Beispiel in Biogasanlagen. Hier ist auch die regionale Wirtschaft gefordert, einen Beitrag zu leisten. Die Landwirte können den Investitionsbedarf allein nicht stemmen. Zudem werden wir uns auch anschauen, wie die Aufnahme von Gülle in Grenzgegenden zu den Niederlanden abläuft. Die teilweise obskuren Abnehmeradressen werden wir überprüfen.

Warum schränken Sie die Massentierhaltung nicht ein? Die ist doch ein Hauptverursacher, dass zu viel Gülle auf die Felder kommt und chemische Prozesse in Gang gesetzt werden, die zu gesundheitsschädlichem Nitrit im Wasser führen.

Klöckner: Die Bestände von Schweinen und Rindern haben sich in den vergangenen Jahren reduziert. Erweiterungsbauten sind zuletzt kaum noch entstanden. Die Voraussetzungen für ihre Genehmigung wurden 2013 verschärft. Fläche und Tierzahl müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Da gibt es sicher noch regionale Unwuchten. Und Fakt bleibt, dass Pflanzen bedarfsgerecht gedüngt werden müssen, damit sie nicht unterernährt sind, mickrig werden und so gar keine Chance haben, die Nährstoffe aus dem Boden zu binden. Der notwendige Dünger muss aber bei der Pflanze ankommen und nicht im Grundwasser.

Am 20. September will die Regierung ein Klimaschutzpaket vorlegen. Haben Sie alles ausgeschöpft?

Klöckner: Wir arbeiten an der Wiederaufforstung unserer Wälder, sie binden massiv CO2. Und an einer Ackerbaustrategie, ein guter Boden ist ein prima Kohlenstoffspeicher. Zur Reduzierung der CO2-Emissionen müssen wir uns aber alle Bereiche der Gesellschaft ansehen. Da wäre zum Beispiel das Thema Holz. Eine stärkere Nutzung von Holz bindet langfristig CO2, zum Beispiel beim Hausbau. Treibhausgasemissionen können so bis zu 56 Prozent gegenüber herkömmlichen Hausbauten eingespart werden.

Wie funktioniert das?

Klöckner: Holz ist ein ständig nachwachsender Rohstoff und speichert dauerhaft Kohlenstoff, den die Bäume aus atmosphärischem CO2 eingebunden und verarbeitet haben. Ein Beispiel im Kleinen: Schon ein Fichtenschrank, der 60 Kilogramm wiegt, speichert umgerechnet eine Kohlenstoffdioxidmenge von rund 300 Kilogramm. Mit 37 Fichtenschränken hätte man jedenfalls die eigene Pro-Kopf-Emission eines gesamten Jahres schon neutralisiert – wenn man denn so viel Platz im Haus hat (lacht). Mit mehr Holzhäusern würden wir mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Wir haben zu wenig Wohnraum. Holzhäuser können dank hohem Vorfertigungsgrad schnell aufgebaut werden. Und durch Sturm, Trockenheit und Borkenkäfer ist – leider – eine Menge Schadholz angefallen. Solange das beschädigte Holz von innen gesund ist, kann man es aber gut verwenden.

Wie hoch ist der Anteil von Holzhäusern heute?

Klöckner: In den vergangenen 25 Jahren hat sich der Anteil der Holzbauweise auf 18 Prozent verdreifacht. Aber da können wir viel mehr machen. Es sind ja auch Hybridbauten aus Stein, Metallverbindungen und Holz möglich. Auch das würde helfen. Bei Hochhäusern aus Holz ist Deutschland noch ein Waisenkind. Wir als Ministerium gehen voran, auch wenn im Umdenken mancher Köpfe noch dicke Bretter zu bohren sind. Wir verbauen schon möglichst viel Holz in öffentlichen Gebäuden. Ich will damit deutlich machen, dass wir viele Möglichkeiten haben, das Klima zu schützen – im Kleinen, wie im Großen.

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