Nur 40 Prozent für Schwarz-Rot Große Koalition im Rekord-Umfragetief - Grüne auf Höhenflug

Berlin · Grund zum Jubeln für die Grünen: Sie wären bundesweit derzeit ganz klar zweitstärkste Kraft. Für Union und SPD dagegen sind die jüngsten Umfragezahlen ein weiterer Dämpfer - kurz vor der Hessen-Wahl sind sie schwach wie nie.

 Im Umfragetief: Vizekanzler Olaf Scholz und Kanzlerin Merkel.

Im Umfragetief: Vizekanzler Olaf Scholz und Kanzlerin Merkel.

Foto: Bernd Von Jutrczenka

Kurz nach dem politischen Beben bei der Bayern-Wahl sind Union und SPD auf Bundesebene in zwei Umfragen auf neue Rekordtiefs gefallen.

Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, kämen CDU/CSU laut ARD-"Deutschlandtrend" und ZDF-"Politbarometer" nur auf 25 bis 27 Prozent. Die SPD liegt in beiden Erhebungen nur noch bei 14 Prozent. Das sind die jeweils schlechtesten Werte, die "Deutschlandtrend" und "Politbarometer" jemals für Union und SPD ermittelt haben.

Während die Parteien der großen Koalition damit zusammen nur noch bei um die 40 Prozent liegen, sind die Grünen im Aufwind und mit 19 beziehungsweise 20 Prozent derzeit klar zweitstärkste Kraft.

Laut dem ZDF-"Politbarometer" verlor die Union gegenüber Ende September einen Prozentpunkt, die SPD sackte um drei Punkte ab. Der in der Nacht zuvor veröffentlichte "Deutschlandtrend" sah im Vergleich zur Vorwoche für Union und SPD jeweils ein Minus von einem Prozentpunkt. Die Sozialdemokraten sind laut beiden Umfragen nur die viertstärkste Kraft nach Grünen und AfD.

Bei der bayerischen Landtagswahl am vergangenen Sonntag hatte die CSU ihre absolute Mehrheit verloren, auch die SPD war abgestürzt. In gut einer Woche wird zudem in Hessen gewählt - dort zeichnet sich in Umfragen ein hartes Kopf-an-Kopf-Rennen um die künftigen Machtverhältnisse ab.

Nach ihrem guten Bayern-Ergebnis geht es für die Grünen auch bundesweit beschleunigt aufwärts : bei der ARD um zwei Punkte, beim ZDF sogar um drei Punkte. Hinter ihnen liegt die AfD bei unverändert 16 Prozent, die FDP kommt laut den Umfragen auf 8 bis 11 Prozent, die Linke auf 9 bis 10 Prozent.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey warnte ihre Partei davor, die große Koalition nun vorzeitig zu verlassen. "Wenn es schwierig wird, darf man sich nicht aus dem Staub machen, und wenn die Hütte brennt, dann musst Du löschen und kannst nicht einfach losgehen!", sagte die Sozialdemokratin im Deutschlandfunk-"Interview der Woche".

Auch der Landeschef des größten und damit mächtigsten SPD-Landesverbands Nordrhein-Westfalen, Sebastian Hartmann, mahnte seine Partei entsprechend: "Kurzfristiger Aktionismus wird die Lage der SPD nicht verbessern - vielleicht das Gegenteil."

Giffey machte CSU-Chef und Innenminister Horst Seehofer für viele Probleme der Regierung verantwortlich: "Vieles, was an Konflikten in den letzten Monaten aufgebrochen ist, die großen Auseinandersetzungen, die großen Streitthemen, die alles andere überlagert haben, hängen schon auch mit der Rolle von Horst Seehofer zusammen", sagte sie.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der bereits an die Landtagswahl in einem Jahr denken muss, kritisierte die große Koalition: Der Rückenwind sei "momentan überschaubar". Die geleistete Sacharbeit dringe nur punktuell nach außen, "teilweise vollkommen überflüssige Streitereien" hätten alles andere überschattet.

Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) sagte, Berlin könne viel dazu beitragen, Brandenburg und Sachsen bei den Landtagswahlen "in der demokratischen Mitte" zu halten. "Ich bin froh, dass ich nächstes Jahr keine Landtagswahl habe", sagte er.

Grünen-Chef Robert Habeck versicherte, seine Partei sei angesichts der guten Umfragewerte "ohne Übermut". Nach seiner Analyse profitieren die Grünen davon, dass die Gesellschaft sich verändert hat: Die Idee der Volkspartei sei vorbei oder entfalte keine Bindekraft mehr, sagte Habeck im SWR. Die Grünen hätten jetzt auch eine Verantwortung, in diese "nervöse, zerfaserte Republik wieder Stabilität reinzubringen".

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