Union und SPD entsetzt Gauland spricht über "Entsorgung" von Özoguz

Die AfD macht nicht erst in diesem Wahlkampf mit gezielten Provokationen von sich reden. Ihre Gegner beschreiben diese Taktik so: "Erst kommt der Tabubruch, dann rudern sie wieder ein Stück zurück. Was bleibt, ist maximale Aufmerksamkeit."

 Gauland macht aus seiner Einstellung keinen Hehl.

Gauland macht aus seiner Einstellung keinen Hehl.

Foto:  Michael Kappeler

AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland hat seine Wahlkampfäußerungen über eine "Entsorgung" von Staatsministerin Aydan Özoguz verteidigt. "Ich habe etwas gesagt und ich stehe inhaltlich dazu", sagte Gauland der Deutschen Presse-Agentur.

Er werde diese Metapher aber künftig nicht mehr benutzen, da ihm "auch vernünftige Menschen" davon abgeraten hätten. Özoguz hatte im Mai in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" die Ansicht vertreten, die "Leitkultur"-Debatte gleite oftmals ins Lächerliche ab. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung schrieb damals: "Kein Wunder, denn eine spezifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar". Historisch gesehen sei die deutsche Geschichte eher von "regionalen Kulturen", von Vielfalt und von Einwanderung geprägt.

Darauf reagierte Gauland am Samstag bei einem Auftritt im Eichsfeld in Thüringen: "Das sagt eine Deutschtürkin. Ladet sie mal ins Eichsfeld ein, und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist", rief er seinen Zuhörern zu. "Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können". Über die Aussage vor klatschenden und vereinzelt jubelnden Zuhörern hatte zuerst die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Montag) berichtet.

Özoguz, die auch SPD-Vizevorsitzende ist, wollte Gaulands Wahlkampfrede nicht kommentieren. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach von einer "widerlichen Entgleisung". Im Wahlkampf in Salzgitter sagte er: "Diese Organisation der Hetzer ist keine Alternative für Deutschland, sondern eine Schande für Deutschland."

Nach Ansicht von Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) schadet Gauland dem Ansehen Deutschlands in der Welt. "Der verwechselt wohl das Reinheitsgebot des deutschen Bieres mit dem Reinheitsgebot hier in unserer Gesellschaft - oder er hat zuviel von dem Reinheitsgebot des Bieres intus gehabt", sagte er in Salzgitter.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber erklärte: "Das nennt man Rassismus." Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: "Frau Özoguz stammt aus Hamburg - insofern disqualifizieren sich diese Äußerungen von selbst."

Die Co-Spitzenkandidatin der AfD für die Bundestagswahl, Alice Weidel, sagte: "Gauland hat recht." Wenn eine Integrationsbeauftragte keine Kultur in Deutschland erkennen könne und den Islamismus nicht bekämpfe, "dann ist sie in der Türkei besser aufgehoben".

Nach Angaben aus Parteikreisen war Gaulands Ausspruch am Montag auch Thema bei in einer Telefonkonferenz des AfD-Parteivorstandes. Ein Beschluss wurde dazu aber nicht gefasst.

AfD-Chefin Frauke Petry übte ebenfalls Kritik an Özoguz, monierte aber gleichzeitig auch die Ausdrucksweise von Partei-Vize Gauland. Sie sagte: "Aydan Özoguz versteht sich offenbar als Abschaffungsbeauftragte der deutschen Kultur. Einer demokratischen Kultur, in der auch seltsame Meinungen ertragen, aber deren Träger keinesfalls "entsorgt" werden."

Gauland echauffierte sich seinerseits über einen Kommentar des Hamburger SPD-Politikers Johannes Kahrs. Der Bundestagsabgeordnete hatte Gaulands Angriff auf Özoguz zuvor auf Twitter mit den Worten kommentiert: "dieser gauland ist ein mieser, dreckiger hetzer. solche arschlöcher braucht niemand." Kahrs stehe eine derartige Kritik nicht zu, sagte Gauland. Schließlich habe der SPD-Politiker 2013 selbst formuliert: "wir wollen ja alle die merkel entsorgen und besser regieren".

Auf die Frage, ob er mit seiner Äußerung bei seinen Zuhörern in Thüringen Aggressionen gegen Özoguz habe schüren wollen, antwortete Gauland: "Nein, aber ich fürchte, sie hätte keine freundliche Aufnahme im Eichsfeld, weil die Leute dort wissen, was deutsche Kultur ist."

Die Türkische Gemeinde in Deutschland erklärte sich mit Özoguz solidarisch. Ihr Vorsitzender, Gökay Sofuoglu, sagte an die Adresse Gaulands: "Mit Ihren Äußerungen haben Sie den Boden unseres Grundgesetzes verlassen und stecken tief im braunen Morast."

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