Eltern-Petition mit 40.000 Unterzeichnern Fünfjährige in NRW bleiben weiter schulpflichtig

Düsseldorf · NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) will den Einschulungsstichtag, 30. September, trotz einer Petition der Eltern nicht vorziehen. Gebauers Begründung: Es sei heute leichter, Kinder zurückzustellen.

 Die Erstklässler sind mit ihren Schultüten auf dem Weg zur Einschulung.

Die Erstklässler sind mit ihren Schultüten auf dem Weg zur Einschulung.

Foto: Thomas Warnack/dpa

Anders als die meisten Bundesländer will NRW den Einschulungsstichtag nicht vorziehen. „Nein, hierzu gibt es in der Landesregierung keine Planungen“, sagte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) unserer Redaktion. Dies sei nicht notwendig, weil seit Kurzem ein ärztliches Attest ausreiche, um Kinder ein Jahr zurückstellen zu lassen, wenn sie noch nicht schulreif seien. Für das Schuljahr 2018/19 wurden der Ministerin zufolge landesweit 2795 Rückstellungen ausgesprochen bei einer Gesamtzahl von 158 629 ABC-Schützen, nannte Gebauer erstmals konkrete Zahlen. „Die Zurückstellungsverfahren wurden weitestgehend positiv entschieden“, so die Schulministerin.

NRW schlägt damit einen anderen Weg ein als die meisten übrigen Bundesländer. Nur in Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg und Berlin gilt noch der Stichtag 30. September. Kinder, die bis zu diesem Tag sechs Jahre alt werden, werden noch im selben Jahr eingeschult. Damit werden auch Fünf-Jährige bereits schulpflichtig.

Eine Eltern-Petition in NRW fordert, den Einschulungsstichtag auf den 30. Juni vorzuziehen. Auch sollen Eltern von Kindern, die zwischen dem 1. Juli und dem 30. September geboren sind, selbst die Entscheidung treffen dürfen, ob sie ein Jahr zurückgestellt werden sollen. Zur Begründung heißt es, jüngere Kinder seien oft noch nicht schulreif und oftmals überfordert. Die Petition hat bereits über 40.000 Unterzeichner.

Gebauer hält dem entgegen, dass es heute leichter sei, Kinder zurückzustellen. Im Schuljahr 2018/19 hatten Eltern erstmals die Möglichkeit, selbst ärztliche oder fachtherapeutische Gutachten vorzulegen. Dabei, so heißt es aus dem Ministerium, können auch „präventive Gesichtspunkte mit einbezogen“ werden – etwa wenn eine Überbelastung des Kindes drohe. Bis dahin hatten Eltern so gut wie keine Mitspracherechte. Die Schulleitung entschied allein auf Grundlage eines schulärztlichen Gutachtens, die Eltern wurden dabei nur angehört. Der Schuleintritt konnte nur aus erheblichen gesundheitlichen Gründen aufgeschoben werden.

Bis 2008 galt auch in NRW als Stichtag für die Schulpflicht der 30. Juni des gleichen Jahres. Damit war jedes Kind bei Schuleintritt sechs Jahre alt. Ab dem Schuljahr 2007/2008 wurde der Stichtag für den Schuleintritt sukzessive nach hinten verlegt - bis auf den 30. September. Studien wie die Hamburger LAU-Studie oder eine Studie aus Hessen mit 10 000 Schülern belegen indes, dass die mit fünf Jahren eingeschulten Kinder öfter sitzen bleiben, seltener fürs Gymnasium empfohlen werden – und so auch ihr Selbstvertrauen leide. Manche Forscher sehen ein höheres Risiko für psychische Probleme. Auf der anderen Seite spricht viel dafür, den Schulbeginn sogar noch weiter nach hinten zu verlegen. Im Land des Pisa-Siegers Finnland werden Kinder erst mit sieben Jahren eingeschult.

Doch es gibt auch andere Studien. Ein eher positives Fazit zieht das Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg. Die Leistungen der früh eingeschulten Kinder seien in der achten Klasse „mindestens auf dem Niveau“ der Älteren, sagt der Verfasser der Studie, Martin Brunner. Unberücksichtigt ließen die Autoren aber den Aspekt des Selbstwertgefühls.

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