Finanztransaktionssteuer Finanzminister Olaf Scholz plant Steuer auf Aktienkäufe

Berlin · Die Finanztransaktionsteuer soll jährlich 1,5 Milliarden Euro einbringen und helfen, die Grundrente für Geringverdiener ab 2021 zu finanzieren. Kritiker monieren, der Bundesfinanzminister wolle vor allem Kleinsparer belasten.

 Aktivisten demonstrieren 2012 vor dem Bundeskanzleramt in Berlin für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer.

Aktivisten demonstrieren 2012 vor dem Bundeskanzleramt in Berlin für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer.

Foto: dpa/DPA

Wer geglaubt hatte, Olaf Scholz würde nach seiner Niederlage bei der Entscheidung über den SPD-Vorsitz als Finanzminister aufgeben, wird zu Beginn dieser Woche eines Besseren belehrt: Scholz überraschte mit einem Vorstoß zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Er rechne jetzt mit einer raschen europäischen Einigung auf die lange umstrittene Steuer auf Aktienkäufe, sagte Scholz am Dienstag. Er habe den Finanzministern der EU-Staaten einen Vorschlag geschickt. „Da wird jetzt drü­ber nachgedacht werden können. Aus meiner Sicht heißt das, dass wir jetzt am Ende der Kurve sind und den Schlussspurt einlegen können“, betonte Scholz.

  • Was genau ist in dem Konzept des Finanzministers vorgesehen?

Das Modell von Scholz sieht vor, dass bei Aktienkäufen eine Steuer von 0,2 Prozent anfallen soll. Das soll die Aktien von Unternehmen mit Sitz im Inland und einem Börsenwert von mehr als einer Milliarde Euro betreffen. In Deutschland sind dies Aktien von 145 Unternehmen, so das Finanzministerium. Der Vorschlag orientiere sich am französischen Modell. Er lasse zudem Handlungsspielraum für weitergehende nationale Regelungen, sagte Scholz. Aktien von Unternehmen, die erstmals zur Kapitalbeschaffung an die Börse gehen, will Scholz ausnehmen.

  • Warum kommt der Vorstoß jetzt?

Scholz macht Tempo, weil er die Einnahmen aus der Aktiensteuer von anfänglich rund 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zur Finanzierung der ab 2021 geplanten Grundrente für Geringverdiener benötigt.

  • Wie wahrscheinlich ist, dass die Aktiensteuer wirklich kommt?

Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD festgelegt, eine Aktiensteuer dann einzuführen, wenn es eine Einigung auf EU-Ebene dazu gibt. Laut Scholz steht eine solche Verständigung in zehn EU-Staaten bevor. Neben Deutschland wollen sich Österreich, Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal, die Slowakei, Slowenien und Spanien beteiligen. Frankreich und Italien verfügen bereits über eine nationale Aktiensteuer.

  • Was sagen die Kritiker der Ideen des Finanzministers?

Die Grünen kritisieren, Scholz plane keine echte Finanztransaktionssteuer, weil Derivate und damit der sekundenschnelle Aktienhandel der Spekulanten ausgeklammert seien. „Ohne die Besteuerung von Derivaten wird der Schaden von spekulativen Übertreibungen an den Finanzmärkten weiterhin auf die Gesellschaft abgewälzt“, sagt der Europa-Abgeordnete Sven Giegold (Grüne). Es werde ein Gerechtigkeitsprojekt begraben, für das sich Hunderttausende Menschen jahrelang eingesetzt hätten. Auch der FDP-Politiker Florian Toncar wirft Scholz vor: „Betroffen wären vor allem Kleinsparer, die Geld für die Altersvorsorge oder ihre Kinder anlegen. Auch Lebensversicherungen und Versorgungswerke, die sich um die Altersvorsorge von Millionen Menschen kümmern, werden die Steuer zahlen müssen.“

  • Was denkt die Union in dem Zusammenhang?

Die Union sieht das Vorhaben kritisch, kann es jedoch kaum verhindern. „Der Vorschlag von SPD-Finanzminister Olaf Scholz ist ein Angriff auf die deutschen Kleinanleger und konterkariert alle Ziele, die Altersvorsorge in Deutschland zu stärken“, sagt aber auch der CDU-Abgeordnete Christoph Ploß den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Um Kleinsparer vor Mehrbelastungen zu schützen, könnte es noch Ausnahmeregeln für Altersvorsorgeprodukte wie Riester-Renten geben. Das hat Scholz bislang aber nicht vorgesehen.

  • Welche Belastungen kommen zusätzlich auf die Sparer zu?

Zusätzlich will der Finanzminister auch die Abgeltungsteuer von 25 Prozent auf Kapitalerträge abschaffen und durch die Besteuerung mit dem individuellen Einkommensteuersatz ersetzen. Insgesamt könnten Aktienanlagen dadurch erheblich an Attraktivität verlieren.

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