Kommentar zu den Übergriffen gegen Flüchtlinge Feige Dummköpfe

Meinung · Nein, der Mob, der in Clausnitz einen Bus mit Flüchtlingen stundenlang blockierte, die Ankömmlinge übel beschimpfte und Menschen in Angst versetzte, die bei uns Zuflucht vor Krieg und Zerstörung suchen, ist nicht das Volk – auch wenn die Fremdenfeinde die Parole so inbrünstig herausschrien.

 Blick auf den ausgebrannten Dachstuhl einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Bautzen (Sachsen).

Blick auf den ausgebrannten Dachstuhl einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Bautzen (Sachsen).

Foto: dpa

Sie sind nur feige Dummköpfe, die Stärke daraus ziehen, Schwachen das Fürchten zu lehren, und dabei selbst so schwach sind, dass sie den Schutz der Gruppe brauchen, um ihre eigene Jämmerlichkeit zu übertönen. Man muss sich mit ihnen nicht lange aufhalten. Das wäre Aufgabe der Polizei.

Da aber wird es schon heikel. Womit man sich nämlich sehr wohl aufhalten muss, ist die Rolle der Polizei, die in Clausnitz geradezu grotesk versagt hat: Wie kann es sein, dass die bevorstehende Ankunft des Busses den Krakeelern offenbar bestens bekannt war, die Polizei aber dennoch eine mehrstündige Blockade nicht verhinderte? Wie kann es sein, dass die Polizei – erst angespornt, dann frenetisch vom Mob bejubelt – ein Kind aus dem Bus zerrt? Wie kann es sein, dass dann die Genötigten in die Rolle der Schuldigen gedrängt werden? Aufhalten muss man sich auch mit der sächsischen Landesregierung.

Im Pegida-Stammland wurde viel zu lange Verständnis für Fremdenfeinde an den Tag gelegt. Aufhalten muss man sich schließlich vor allem mit den Stichwortgebern in Nadelstreifen, die abstruse Argumente aneinanderstricken, die bei Rechtsradikalen und Fremdenfeinden zum Kurzschluss führen, sie könnten in einer Art nationaler Notwehr handeln. Diese Stichwortgeber haben jetzt geschwiegen. Sie alle, die intellektuellen und die strohdummen Fremdenfeinde – sie repräsentieren nicht Deutschland.

Die Frage ist: Wie konnte es dazu kommen, dass sie diesen Eindruck gewinnen konnten. Den Medien wird immer häufiger der Vorwurf gemacht, sie haben ihren Teil beigetragen, weil sie über bestimmte Dinge in vorauseilender politischer Korrektheit gar nicht berichtet hätten – über Parallelgesellschaften, Ausländerkriminalität. Heute zeigt sich ein ganz anderer Befund: Werden in der öffentlichen Debatte über Zuwanderung nicht Nebenaspekte abenteuerlich überhöht? Die bis dahin und seither einmaligen Vorgänge in der Kölner Silvesternacht bestimmen bis heute die Debatten. Die täglichen Angriffe auf Asylbewerberheime verkommen zum Hintergrundrauschen. Die deutschen Behörden gehen mit dem konstanten Zustrom inzwischen routiniert um – dennoch wird realitätswidrig am Bild der Überforderung gemalt. Deutschland versinkt durchaus nicht im Chaos.

Aber auch das stimmt:Die eigene Umwelt wird direkt von Ursachen beeinflusst, die weit weg liegen können. Unser Leben wird schwerer begreifbar. Da haben einfache Lösungen Konjunktur. Auch sehr einfache – Ausländer raus zum Beispiel. Ein Bildungsproblem ist es eben auch.

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