Unschuldiger bei Brand in Zelle gestorben Ermittlungen gegen Polizisten wegen toten Syrers

Kleve/Geldern · Nach dem Zellenbrand in der JVA Kleve ist der inhaftierte 26-jährige Syrer gestorben. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zeigen zudem: Er saß zu Unrecht im Gefängnis.

Der 26-Jährige, in dessen Zelle im Klever Gefängnis es Mitte September gebrannt hatte, war zu Unrecht hinter Gittern. Das geht aus Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Kleve gegen Beamte der Kreispolizeibehörde hervor. Wie am Montag bekannt wurde, ist der Syrer, der durch die Flammen in seiner Zelle erhebliche Verbrennungen erlitten hatte und ins künstliche Koma gelegt worden war, an seinen Verbrennungen gestorben.

Beim NRW-Innenministerium nimmt man den Sachverhalt sehr ernst, wie ein Sprecher unserer Redaktion sagte: „Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass es bei der Festnahme des Verstorbenen im Juli individuelle Versäumnisse von Polizeibeamten gab.“ Demnach laufen neben dem Strafverfahren der Staatsanwaltschaft wegen Freiheitsberaubung gegen die betreffenden Beamten auch interne Disziplinarverfahren. Zudem seien die Ermittlungen sowohl zum Brand in der JVA als auch zur Festnahme im Juli aus Gründen der Neutralität an die Polizei in Krefeld übergeben worden.

Am 6. Juli waren Polizeibeamte zu einem Einsatz in Geldern gerufen worden. Dort soll der 26-Jährige mindestens eine andere Person beleidigt haben. Bei der Feststellung seiner Personalien schlug das Fahndungssystem Alarm: Die Staatsanwaltschaft Hamburg suchte einen Mann wegen Diebstahls. Der Mann, der aus Mali stammen soll, trägt zwar einen anderen Namen als der 26-Jährige, in der Vergangenheit trat er aber unter dem gleichen Namen in Erscheinung. Die Polizisten hielten den Verdächtigen aus Geldern für den Täter aus Hamburg. Er wurde erst in die JVA Geldern und dann ins Klever Gefängnis gebracht.

Dort kam es am 17. September zu dem Zellenbrand. Von den dabei verletzten JVA-Bediensteten ist einer noch immer dienstunfähig. Er hatte eine Rauchgasvergiftung erlitten. Ob der 26-Jährige das Feuer absichtlich legte oder ob der Raucher mit einer glühenden Zigarette auf der Matratze einschlief, ist unklar. Zu diesem Zeitpunkt war aber längst mindestens fraglich, ob der Inhaftierte tatsächlich der Gesuchte war. Von der Staatsanwaltschaft Hamburg heißt es, dass am 19. Juli in Kleve nachgefragt worden sei, ob es einen Nachweis gibt, dass es sich bei dem Inhaftierten um den Gesuchten handelt. Das sei bei Fahndungen mit Aliasnamen üblich. In Kleve musste man daraufhin einräumen, dass es diesen Nachweis nicht gibt. Am 20. August habe die Behörde aus Hamburg dann gefragt, auf Basis welcher Erkenntnisse der Gesuchte inhaftiert worden war. Ob es eine Antwort darauf gegeben hat und wie diese aussah – das ist derzeit unklar.

Fest steht: Bei den erneuten Prüfungen der Personalien kam heraus, dass man den Falschen inhaftiert hatte. Am 26. September, neun Tage nach dem tödlichen Feuer, informierte die Polizei die Staatsanwaltschaft über den Sachverhalt. Die muss nun einige Fragen klären: Hat sich der Beschuldigte irgendwann zu den fälschlicher Weise erhobenen Vorwürfen eingelassen? Wurde ihm ein Dolmetscher an die Seite gestellt? Wie wurde ursprünglich seine Identität festgestellt und wie bei der erneuten Überprüfung?

Eine Identitätsprüfung sei „in den wenigsten Fällen“ über einen so langen Zeitraum nicht erfolgreich, heißt es aus dem NRW-Innenministerium. Sei die Identität einer festgenommenen Person fraglich, müsse alles daran gesetzt werden, sie festzustellen, sagte der Sprecher. Als Methoden kämen beispielsweise Umfeldermittlungen, Fingerabdruckprüfungen oder Bilderabgleiche in Frage.

Auch bei der Klever JVA ist die Betroffenheit über den Tod des 26-Jährigen groß. Der stellvertretende Leiter Wolfgang Fengels erinnert sich an den Verstorbenen als einen umgänglichen Mann: „Er hat sich nie auffällig verhalten, es gab bis zu dem Brand in der Zelle keine besonderen Vorkommnisse mit ihm.“

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