Aktuelle Steuerschätzung Einnahmen des Bundes steigen etwas stärker als erwartet

Berlin · Laut der aktuellen Steuerschätzung kann Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in diesem Jahr mit knapp vier Milliarden Euro Mehreinnahmen im Vergleich zur Prognose vom Mai rechnen. Das wird nicht so bleiben.

 Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister, kommt zu der Bekanntgabe des Ergebnis der Herbst-Steuerschätzung.

Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister, kommt zu der Bekanntgabe des Ergebnis der Herbst-Steuerschätzung.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Staatsfinanzen laufen erstaunlich gut weiter – trotz des schwachen Wirtschaftswachstums und der Probleme in der Exportindustrie. Laut der aktuellen Steuerschätzung vom Mittwoch kann Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in diesem Jahr mit knapp vier Milliarden Euro Mehreinnahmen im Vergleich zur vorangegangenen Prognose vom Mai rechnen. Das schafft wieder einmal Raum für die Debatte, was mit dem zusätzlichen Geld anzufangen sei. Gefordert werden unter anderem zusätzliche Investitionen und Steuersenkungen.

Der Arbeitskreis Steuerschätzung aus Bund, Ländern und Forschungsinstituten hat festgestellt, dass beispielsweise die Lohn-, Einkommen- und Umsatzsteuer über den Erwartungen liegen. Darin spiegeln sich die stabile Beschäftigung, die niedrige Arbeitslosigkeit und die rege Binnennachfrage. Die meisten Arbeitnehmer verdienen gut und geben ihr Geld aus. Das insgesamt nachlassende Wachstum und die Probleme in der Export- und Autoindustrie schlagen erst einmal kaum auf die Staatsfinanzen durch.

Weniger Steuereinnahmen in den kommenden Jahren

In den kommenden Jahren jedoch muss der Bund mit weniger stark steigenden Einnahmen rechnen. Die Steuerschätzer korrigierten ihre Berechnungen für 2020 bis 2022 um vier Milliarden Euro leicht nach unten. Scholz sagte, die Koalition könne trotzdem alle Vorhaben umsetzen. 2023 soll es dann wieder stärker aufwärts gehen. Auch für die Länder und Gemeinden wird der Zuwachs wohl etwas geringer ausfallen.

Für die Jahre 2019 bis 2023 müssen Bund, Länder und Städte zusammen mit Einbußen von gut sieben Milliarden Euro im Vergleich zur Mai-Schätzung rechnen. Insgesamt aber sollen die Steuereinnahmen auch der aktuellen Schätzung zufolge permanent weiter wachsen – von 796 Milliarden Euro 2019 auf 905 Milliarden 2023. Im Vergleich zu den zurückliegenden Boomjahren ist das Tempo jedoch gedrosselt.

Für dieses Jahr bedeutet die Steuerschätzung auch, dass der Bundeshaushalt wohl einen Überschuss ausweisen wird. Finanzminister Scholz will das Geld erstmal bunkern und eventuell in die sogenannte Asylrücklage einzustellen. Das ist ein Etatposten, der früher zur Finanzierung der Einwanderung diente, nun aber als Sparkonto fungiert.

Investitionsvorschläge für die diesjährigen Mehreinnahmen

CDU-Haushaltssprecher Eckhardt Rehberg plädierte dagegen dafür, die Mittel für Computer an Schulen und den schnelleren Ausbau der bundesweiten Dateninfrastruktur auszugeben. „Bisher stehen im Digitalfonds lediglich 2,4 Milliarden Euro zur Verfügung, davon 30 Prozent für den Digitalpakt Schule“, sagte Rehberg, „damit wird der Digitalfonds in absehbarer Zeit unterfinanziert sein“. Die Grünen sprechen sich außerdem für Investitionen in den Klimaschutz aus. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) forderte ebenfalls höhere Ausgaben, unter anderem für eine Steuersenkung zugunsten der Unternehmen. Der Finanzminister könne dafür auch ruhig ein paar Milliarden Euro Schulden aufnehmen, hieß es. FDP-Vizefraktionschef Christian Dürr schlug vor, den Solidaritätszuschlag in der Einkommensteuer komplett zu streichen, und nicht nur für 90 Prozent der Steuerzahler, wie die Regierung es plant.

Trotz der Verteilungsdebatte ist die Lage der öffentlichen Finanzen aber nicht mehr so luxuriös wie in den vergangenen Jahren, als es regelmäßig große Mehreinnahmen gab. Scholz, der keine neuen Schulden machen will, muss den Haushalt 2020 ausgleichen, indem er rund neun Milliarden Euro aus den Rücklagen verwendet. Außerdem verpflichtet er die anderen Ministerien, fünf Milliarden Euro weniger auszugeben als in ihren Haushaltsplänen steht. Und trotzdem sind noch keine Mittel eingeplant, um Koalitionsvorhaben wie die Grundrente zu bezahlen. Ganz davon abgesehen, dass die Situation durch den Brexit und die internationalen Handelskonflikte schlechter werden könnte als sie jetzt ist.

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