Geheimdienst-Kontrollgremium Drei Stunden, drei Geheimdienstchefs: Premiere im Parlament

Berlin · Normalerweise geben die Nachrichtendienstchefs den Kontrolleuren im Bundestag nur hinter verschlossenen Türen Auskunft. Nun mussten sie das erstmals öffentlich tun. Eine erhellende Runde oder nur eine Gelegenheit für die Präsidenten, eigene Botschaften unterzubringen?

 Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz Maaßen (L), MAD-Präsident Gramm und BND-Präsident Kahl vor Beginn der Anhörung.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz Maaßen (L), MAD-Präsident Gramm und BND-Präsident Kahl vor Beginn der Anhörung.

Foto: Bernd von Jutrczenka

Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen fordert zusätzliche Befugnisse für die deutschen Nachrichtendienste. Um mit der gestiegenen Terrorgefahr und anderen Bedrohungen fertig zu werden, brauche man einen "vollen Werkzeugkasten", mahnte er in Berlin.

Dort befragte das Geheimdienst-Kontrollgremium des Bundestages erstmals in öffentlicher Sitzung die Chefs der drei Nachrichtendienste des Bundes. Dabei warnte auch der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, die Geheimdienste dürften technisch nicht abgehängt werden.

Bahnbrechende Neuigkeiten aus den Tiefen des Geheimdienst-Apparates offenbarten die Präsidenten in der dreistündigen Sitzung erwartungsgemäß nicht. So fiel das Fazit der Abgeordneten zu der Premiere auch unterschiedlich aus. Linke und Grüne sahen noch "Luft nach oben".

Üblicherweise tagt das Parlamentarische Kontrollgremium hinter streng verschlossenen Türen. 2016 hatte der Bundestag aber eine Reform der Geheimdienst-Kontrolle auf den Weg gebracht und unter anderem beschlossen, einmal jährlich eine öffentliche Anhörung der Geheimdienstchefs durchzuführen. Dies war nun das erste Mal. Neben Maaßen und Kahl musste sich auch der Präsident des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Christof Gramm, den Fragen der Parlamentarier stellen.

Maaßen beklagte in der Runde, die Sicherheitslage sei heute sehr komplex: eine zunehmende islamistische Bedrohung, dazu mehr Gewaltbereitschaft bei Rechts- und Linksextremen und mehr Gefahren im Cyberraum. "In all unseren Geschäftsfeldern boomt es", sagte er. "Leider ist dies keine positive Nachricht." Die Nachrichtendienste bräuchten die passenden Instrumente, um darauf zu reagieren - etwa Zugang zu Messenger-Diensten wie WhatsApp oder Telegram oder mehr Möglichkeiten, IP-Adressen von Computern aufzuspüren - bei Inhalten, die von ausländischen Servern abgerufen würden.

"Sicherheit hat ihren Preis, und der Preis ist nicht nur in Euro zu bezahlen", sagte Maaßen. "Es kann nicht sein, dass wir davon abhängig sind, dass unsere Partner uns mit ihren Werkzeugen aushelfen." Kahl ergänzte, die Geheimdienste stünden vor immensen Herausforderungen und müssten mit der technischen Entwicklung Schritt halten. "Sonst kommt die digitale Revolution nur denen zugute, vor denen wir unser Land eigentlich schützen sollen."

Islamismus, Rechtsextremismus in der Bundeswehr, Cyberangriffe und mögliche Gegenattacken, Geheimdienst-Reformen und Ermittlungspannen: Drei Stunden lang konnten die Mitglieder des Kontrollgremiums - acht waren da, einer fehlte - zu diversen Themen fragen. Jeder hatte pro Fragerunde fünf Minuten Zeit. In den regulären, geheimen Sitzungen sind die Nachrichtendienstchefs verpflichtet, dem Gremium ausführlich Auskunft zu geben. In der öffentlichen Runde ließen sie sich dagegen nur wenig Neues entlocken.

Die drei Geheimdienst-Oberen traten bei der Anhörung betont geschlossen auf und lobten ihre Zusammenarbeit. Kritik an dramatischen Verfehlungen - etwa im Fall der rechten Terrorzelle NSU, in der Spähaffäre rund um den US-Geheimdienst NSA oder im Fall des Berliner Attentäters Anis Amri - ließen sie überwiegend abperlen.

Der Vize-Vorsitzende des Kontrollgremiums, André Hahn (Linke), sagte, er hätte sich eine Entschuldigung für die Pannen der vergangenen Jahre gewünscht. Die Anhörung sei insgesamt ein "Anfang mit noch viel Luft nach oben". Auch der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele beklagte, viele Antworten seien einsilbig und unergiebig gewesen. "So spektakulär wie in den USA war diese Anhörung nun leider nicht."

Parlamentarier von Union und SPD sprachen von einer "gelungenen Premiere", auch wenn sie zum Teil einräumten, dass die Anhörung "erwartungsgemäß nichts Revolutionäres" zutage befördert habe. Der CDU-Politiker Armin Schuster formulierte es so: "Vielleicht ging es heute nicht so sehr um dramatische Inhalte, als vielmehr um die Tatsache, dass wir dieses Forum geschaffen haben." Fortsetzung folgt.

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