Kommentar zur Maut Dobrindts Werk

Meinung | Berlin · Es ist ein trauriger Vorgang, dass ein Politiker die Maut durchsetzt, dessen Partei, die CSU, doch in Sonntagsreden die Ordnungspolitik so gern beschwört. Ordnungspolitisch ist die Maut aber ein Sündenfall.

 Die Maut bleibt ungerecht, wirtschaftlich sinnlos und ökologisch ohne Effekt.

Die Maut bleibt ungerecht, wirtschaftlich sinnlos und ökologisch ohne Effekt.

Foto: dpa

Dass Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Pkw-Maut gegen erbitterten Widerstand durchgedrückt hat, gehört zu den handwerklich solidesten Leistungen der Legislaturperiode. Leider endet das Lob genau hier – beim Formalen. Denn inhaltlich bestehen alle Einwände gegen das Projekt weiter fort, trotz der kosmetischen Korrekturen, die Brüssel erreicht hat: Die Maut ist ungerecht, wirtschaftlich sinnlos und ökologisch ohne Effekt.

Geradezu lächerlich ist das Argument, die Maut trage erheblich zur Finanzierung von Autobahnbau und -unterhalt bei. Selbst in der optimistischen Kalkulation vor den Verhandlungen mit Brüssel blieb nach Abzug der Verwaltungskosten nur eine geschätzte Einnahme von 500 Millionen Euro pro Jahr übrig.

Inzwischen aber sinken die Einnahmen weiter: durch geringere Vignetten-Preise und durch nun vorgesehene Vergünstigungen für besonders umweltfreundliche Autos. Weniger als eine halbe Milliarde also. Zum Vergleich: Für den 3,2 Kilometer langen Ausbau der A 100 in Berlin sind 470 Millionen Euro veranschlagt. Im Schnitt kostet ein Kilometer Autobahnneubau zehn Millionen Euro. Und ökologische Lenkungswirkung wird die Maut auch nicht entfalten. Im Gegenteil: Die Maut wird eher ein Anreiz zur Vielfahrerei liefern, da die einmal getätigte Ausgabe ja auch ausgenutzt werden soll.

Es ist ein trauriger Vorgang, dass ein Politiker die Maut durchsetzt, dessen Partei, die CSU, doch in Sonntagsreden die Ordnungspolitik so gern beschwört. Ordnungspolitisch ist die Maut aber ein Sündenfall. Das Sicherstellen guter öffentlicher Infrastruktur, wozu auch die Verkehrswege zählen, ist eine grundlegende Staatsaufgabe. Er finanziert sie durch Steuergelder, deren Verwendung demokratisch durch das Parlament bestimmt wird. Gebühren sind systematisch etwas ganz anderes: Sie sind zweckgebunden.

Mauteinnahmen fließen zwingend in Ausgaben für die Straße. Durch die Umwandlung von Steuergeld in eine Gebühr wird ein wachsender Teil des Etats der Planungshoheit des Parlaments entzogen und fließt zweckgebunden in den Straßenbau. Das freut die Straßenbaukonzerne, aber veraltete Infrastruktur haben wir nicht nur dort: Unsere Schulen und Hochschulen sind durchaus nicht auf dem besten technischen Stand, unsere digitalen Netze sind bemitleidenswert langsam und unsere Stromtrassen sind noch nicht für die Anforderungen der Energiewende gerüstet. Warum soll einer dieser Sektoren herausgehobene Finanzierungssicherheit erhalten, wo doch der Zustand der deutschen Fernstraßen im internationalen Vergleich sicher erheblich besser ist als etwa die Lage bei den Daten-Autobahnen?

Sachlich bleibt Dobrindt also wenig. Er weiß das. Aber es stört den Minister wenig. Weil es ihm gar nicht um die Sache geht, sondern um diese Geste: Die anderen müssen auch zahlen.

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