Offenheit statt Schlapphutkultur Die Lehren aus den NSU-Morden

BERLIN · Wer ermittelt besser? Mehmet und Ayse? Oder lieber doch Heiko und Thomas? Heiko Maas (SPD) und Thomas de Maizière (CDU) sprechen gerade über "interkulturelle Kompetenz" bei Justiz und Polizei und über "mehr Offenheit in den Köpfen und in den Herzen".

 Doppelkopf: Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU/links) und Justizminister Heiko Maas (SPD) beantworten in der Bundespressekonferenz in Berlin Fragen von Journalisten zum Thema NSU.

Doppelkopf: Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU/links) und Justizminister Heiko Maas (SPD) beantworten in der Bundespressekonferenz in Berlin Fragen von Journalisten zum Thema NSU.

Foto: dpa

Da führt Maas beispielhaft den eigenen Vornamen und den seines Kabinettskollegen an. Aus gutem Grund. Soeben haben Bundesjustizminister Maas und Bundesinnenminister de Maizière ihren gemeinsamen Bericht zu den Lehren aus den teils erheblichen Ermittlungspannen der Strafverfolgungsbehörden in der Mordserie der rechtsextremistischen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) vorgelegt.

Im Kern folgen beide Minister dabei den Schlussfolgerungen des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestages. 47 Empfehlungen haben die Mitglieder des NSU-Ausschusses nach 16 Monaten intensiver Arbeit zusammengetragen. Mehr "interkulturelle Kompetenz" wie auch stärkeres zivilgesellschaftliches Engagement gehören dazu.

Maas jedenfalls ist davon überzeugt, dass künftig "nicht nur Heikos und Thomas', sondern auch Mehmets und Ayses" bei Strafverfolgern und Ermittlern von Justiz und Polizei gebraucht würden, damit sich zumindest Fehler der Vergangenheit nicht wiederholten.

Auch beim Verfassungsschutz soll eine neue Arbeitskultur einziehen und mehr Transparenz herrschen, was in dem Bericht mit der Devise "Offenheit statt Schlapphutkultur" beschrieben ist. Auch die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste beispielsweise zum Einsatz von V-Leuten soll verbessert werden.

De Maizière verteidigte dabei den Verfassungsschutz ausdrücklich gegen einen Vorhalt, wonach Verfassungsschützer womöglich in Taten des rechtsterroristischen Netzwerkes NSU verwickelt sein könnten. "Ich weise das mit Nachdruck zurück. Ja, es gab Versäumnisse, schwere Versäumnisse der Ermittlungsbehörden von Bund und Ländern, aber keine Mittäterschaft."

De Maizière machte deutlich, dass sich die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern künftig effektiver austauschen müssten. Zur Stärkung des Bundesamtes für Verfassungsschutz solle demnächst ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, was de Maizière "im Konsens mit den Ländern machen" will. Zudem verwies er auf das bereits eingerichtete Gemeinsame Extremismus- und Terrorismus-Abwehrzentrum zum besseren Informationsaustausch zwischen Polizeien, Justiz und Nachrichtendiensten.

Bei der Justiz soll nach den Worten von Maas die Rolle des Generalbundesanwalts (GBA) gestärkt werden. Der GBA soll demnach künftig leichter als bislang Ermittlungen an sich ziehen können. Zudem sollen die Länder in die Pflicht genommen werden, den Generalstaatsanwalt bei Fällen von Terrorismus und Extremismus früher zu informieren. Außerdem soll der GBA die Staatsanwaltschaft bestimmen, wenn es in den Ländern Streit gebe, welche Staatsanwaltschaft für die Ermittlung zuständig sei.

Die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), begrüßte die Maßnahmen. "Die Arbeit des NSU-Untersuchungsausschuss hat gezeigt, dass es den Strafverfolgungsbehörden nicht selten schwer fällt, die wahren Tatmotive zu erkennen."

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