Kommentar zum AfD-Parteitag Die drei Lehren aus Köln

Meinung | Köln · Die AfD hat in Köln ihre Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl bestimmt. GA-Korrespondent Gregor Mayntz mit drei Erkenntnissen vom AfD-Parteitag.

Vom Kölner AfD-Parteitag gehen drei Botschaften aus. Erstens: Diese AfD ist weder inhaltlich noch personell eine Alternative für Deutschland, sondern ein Beispiel für eine sich selbst misstrauende und innerlich verfeindete Organisation. Zweitens: Die AfD-Gegner tun alles, um die Partei wichtiger und für potenzielle Anhänger attraktiver zu machen. Drittens: Unter diesem Druck entfaltet diese Bewegung ihre vor allem auf emotionalen Stimmungen "gegen Ausländer" beruhende Anziehungskraft auf dafür anfällige Wählergruppen und schließt vorübergehend die Reihen.

In jeder anderen Partei wäre eine Vorsitzende erledigt, wenn sie von ihrer Partei eine für überlebenswichtig gehaltene Entscheidung verlangt, die Partei das nicht nur ablehnt, sondern auch noch ihren innerparteilichen Gegner bejubelt. Wenn dann als Reaktion die Vorsitzende ein Spitzenteam vor allem "beobachten" will und sich der führenden Rolle im Wahlkampf verweigert, sollte ihre Ablösung eigentlich nur noch eine Formsache sein. Die AfD macht es anders: Am Samstag die Demontage Petrys, am Sonntag stehende Ovationen für den Satz, dass sie noch gebraucht werde.

Die zweitägige Beratung des Wahlprogrammes war sowohl vom Stil ("halten Sie die Klappe!") wie von der inhaltlichen Tiefe her keine Werbung für einen durchdachten alternativen Ansatz. Reihenweise gingen Anträge auf "Nichtbefassung" durch mit der Begründung, die Thematik sei "zu kompliziert". Natürlich passt ambitionierte Sachpolitik nicht zu einer Partei, die mit simplen Thesen groß geworden ist und sich anschickt, im Mai in den Landtag einzuziehen. In NRW bezeichnenderweise mit Polemik gegen einen "Flüchtlings-Soli", einem selbstgezimmerten Konstrukt ohne jeden Bezug zur Realität.

Mit ruhigem Kopf ließe sich das entlarven und hinterfragen. So zu tun, als stünde eine Neun-Prozent-Partei kurz vor der Machtübernahme, führt jedoch nur dazu, die Partei künstlich wichtiger zu machen. Die AfD-Gegner taten der AfD in Köln überdies den Gefallen, sie mit einem Belagerungszustand zu bedrohen. Ein breites Bündnis, das eine solche Stimmung gegen eine demokratisch legitimierte Partei entfacht, dass darin einzelne Delegierte nur unter massivem Polizeischutz zum Parteitag kommen, erreicht das Gegenteil des Beabsichtigten. Eine Solidarisierung von Noch-AfD-Fernstehenden mit "unschuldig Verfolgten". Der Protest sollte analysieren, ob ihm das eigene gute Gefühl, gegen die AfD auf die Straße gegangen zu sein, wichtiger ist als die Marginalisierung der AfD. Das trug dazu bei, dass sich die AfD in der Kölner Wagenburg hinter das Spitzen-Duo Alice Weidel und Alexander Gauland versammelte - und hinter die mit Erfolg geschürte Stimmungsmache. Damit wird die AfD auf Stimmenfang gehen. Und so erfolgreich sein, wie es die Bürger zulassen - und ihre politischen Gegner.

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