Noten-Affäre Der Landeschef in der Büßerrolle

ESSEN · Am Anfang steht ein Eingeständnis: CDU-Landeschef Armin Laschet räumt in der Noten-Affäre offen Pannen und Fehler ein. Es sei auch zuletzt keine "besonders geistreiche Erklärung" gewesen, dass er zu den verschwundenen Klausuren nichts mehr sagen wollte, bereut Laschet auf dem CDU-Landesparteitag im Essener Congress-Centrum sein schlechtes Krisenmanagement.

 Will den Blick wieder nach vorn richten: Der Landesvorsitzende der NRW-CDU, Armin Laschet, beim Parteitag am Samstag in Essen.

Will den Blick wieder nach vorn richten: Der Landesvorsitzende der NRW-CDU, Armin Laschet, beim Parteitag am Samstag in Essen.

Foto: dpa

Dass der Parteitag zum ersten Grundsatzprogramm der Landespartei durch die eigene Eselei überschattet wird, ärgert keinen mehr als Laschet. Im CDU-Landesvorstand hat das "Affärchen" laut Teilnehmern keine Rolle gespielt. In der Essener Messe ist das Thema auf den Fluren tuschelnd präsent, in der Aussprache bleiben die 620 Delegierten aber stumm. Kein einziger meldet sich nach dem 50-minütigen Vortrag des Parteichefs zu Wort.

Nachdem Laschet die sichtlich unangenehme Büßerrolle abgelegt hat, richtet der CDU-Landeschef den Blick auf die neuen Grundsätze der Partei. Das mehr als 100-seitige Papier sei die Basis für das Regierungsprogramm 2017. Laschet fordert einen Mentalitätswechsel im Land, damit der "gefesselte Riese" NRW von Vorschriften befreit werde. Der CDU-Chef wirft Rot-Grün vor, Arbeitsplätze in NRW zu gefährden, weil Investitionen in Straßen, Brücken und Breitband seit Jahren verschleppt werden. "Wir sind doch kein Entwicklungsland", wettert er und vergisst nicht zu erwähnen, dass Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) mit ihrem über 3,5 Tonnen schweren gepanzerten Dienstwagen die marode Brücke in Leverkusen nicht mehr befahren darf. Überhaupt: Die Regierung Kraft arbeite nur noch mit Filz- und PR-Werbestrategien.

In seiner Rede stimmt Laschet die Partei auf die Wahl 2017 ein und warnt vor falschem Kleinmut. Die NRW-CDU habe bei der Bundestagswahl 2013 vier Millionen Stimmen geholt und auch bei der Kommunalwahl 2014 mit 38 Prozent um sieben Prozentpunkte vorn gelegen. Der Kraft-Herausforderer wirbt um die Geschlossenheit der Partei. Auch Laschet plagt die Sorge, dass Intriganten in den eigenen Reihen wieder aktiv werden und damit den Kampagneros im Umfeld der SPD erst das Feld bereiten. Am Ende der Rede erntet der schwitzende CDU-Landeschef minutenlang Beifall.

In ihrem Grundsatzprogramm will die Partei die Frage klären, wofür die NRW-CDU steht. Beim Thema "Homo-Ehe" und Islam bleibt der Leitantrag unverbindlich. Die Muslime seien ein Teil der Gesellschaft, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften sollten voll anerkannt werden. Delegierte aus Südwestfalen beklagen hinter vorgehaltener Hand eine falsche Gewichtung im Programm. "Wir dürfen beim Einsatz für Minderheiten auch die Mehrheiten nicht vergessen", sagt einer. Offener Widerspruch aber bleibt aus.

Der einstige CDU-Landeschef und spätere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf rät dem mit 140 000 Mitgliedern größten CDU-Landesverband, mehr über die richtige Lastenverteilung zwischen Jung und Alt zu reden. Biedenkopf, früher selbst Opfer parteiinterner Grabenkämpfe, lobt - 29 Jahre nach der Fusion der Verbände in Rheinland und Westfalen - die Einheit der Landespartei.

CDU-Generalsekretär Bodo Löttgen warnt die Partei davor, sich von Kampagnen der in Umfragen stark schwächelnden SPD mit "Nichtigkeiten und Petitessen" verunsichern zu lassen. Dass Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) den Noten-Prüfbericht einen Tag vor dem Parteitag veröffentlicht hat, dürfte ebenso wenig Zufall sein wie die Tatsache, dass SPD-nahe Blogger schon zwei Jahre vor der NRW-Wahl auf Laschet feuern.

Die straffe Antragsberatung beim eigentlichen Thema des Parteitags mit den 700 Änderungsanträgen verläuft im Schongang. Die Partei zeigt wenig Streitlust. Der erwartete Beratungs-Marathon bleibt aus. Am Ende schreiben die Delegierten Parteigeschichte und beschließen nach drei Jahren Beratung das erste Grundsatzprogramm der nordrhein-westfälischen CDU. Einstimmig.

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