Enddatum 2035 Der Kohleausstieg beginnt im Rheinischen Revier

Berlin/Düsseldorf · In der Kohlekommission zeichnet sich ein Konsens ab: Kohlekraftwerke im Westen sollen zuerst abgeschaltet werden. Der Hambacher Forst könnte erhalten bleiben.

Der Ausstieg aus der Kohleverstromung soll sich in den Jahren bis 2030 zuerst auf das Rheinische Revier in Westdeutschland konzentrieren und erst danach auf die Braunkohletagebaue in Ostdeutschland ausgeweitet werden. Darüber zeichne sich in der von der Bundesregierung eingesetzten Kohlekommission ein Konsens ab, erfuhr unsere Redaktion aus Kommissionskreisen.

Das Enddatum für den kompletten Kohleausstieg solle 2035 erreicht werden, hieß es in den Kreisen. Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ kommt am Montag zu ihrer nächsten Sitzung zusammen.

Ein Bericht des „Spiegel“, der unter Berufung auf einen Entwurf des Abschlussberichts der Kommission konkrete Jahresdaten für den schrittweisen Kohleausstieg enthielt, wurde vom Bundeswirtschaftsministerium am Freitag hart dementiert. Mitglieder der Kommission bezeichneten ihn dennoch in weiten Teilen als plausibel.

Westdeutsche Kohlekraftwerke deutlich älter

Dem Bericht zufolge sollen bis zum Jahr 2022 kurzfristig Kohlekraftwerke mit einer Leistung von zusammen fünf Gigawatt vom Netz gehen, darunter sechs Braunkohleblöcke im Rheinischen Revier, aber auch Steinkohlekraftwerke. Auf die Rodung des Hambacher Forstes könne verzichtet werden.

Die meisten weiteren Meiler sollen schrittweise zwischen 2022 und 2030 abgeschaltet werden. Erst danach sollen die ostdeutschen Blöcke vom Netz gehen.

Hintergrund ist, dass die westdeutschen Kohlekraftwerke deutlich älter sind als die ostdeutschen, von denen die meisten erst nach der Wende gebaut worden sind. Zahlreiche Kraftwerke im Rheinischen Revier stammen noch aus den 1960er Jahren, sind längst abgeschrieben, weniger effizient, der Ausstoß an Treibhausgasen ist deutlichen höher.

Fristverlängerung durchgesetzt

„Die ältesten Dreckschleudern im Rheinischen Revier müssen als erste geschlossen werden“, sagte Kommissionsmitglied und Greenpeace-Deutschland-Chef Martin Kaiser. Nur so könne der Hambacher Wald gerettet werden. „Außerdem sind wir das den Opfern des Klimawandels schuldig – und das ist auch jedem in der Kommission klar“, sagte Kaiser.

Die ostdeutschen Ministerpräsidenten hatten bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in dieser Woche interveniert und eine Fristverlängerung für die Kommission durchgesetzt. Die Ost-Länder befürchten aus ihrer Sicht zu geringe Strukturfördermittel als Kompensation für den Kohleausstieg. Die Kommission soll deshalb nachsitzen und erst im Januar ihre Vorschläge vorlegen, nicht bereits vor der UN-Klimakonferenz, die am 3. Dezember im polnischen Katowice beginnt. Wegen dieser Verzögerung regt sich in der Kommission aber Widerstand: Am kommenden Montag will sie beraten, ob sie die Vorschläge für den schrittweisen Kohleausstieg nicht doch bereits in den kommenden zwei Wochen präsentiert.

Für die Abschaltung der Kraftwerke sollen die Energiekonzerne aus dem Bundeshaushalt entschädigt werden. Auch darüber gebe es in der Kommission einen Konsens, hieß es in den Kreisen. Energiekonzerne wie RWE fordern, für jedes Gigawatt Braunkohle, das sie über das bislang schon vorgesehene Maß hinaus stilllegen, eine Milliarde Euro an Entschädigung, wie unsere Redaktion aus Gewerkschaftskreisen erfuhr.

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