Politiker im Porträt Der Gegenspieler Friedrich Merz

Berlin · Für Wirtschaftspolitiker in der CDU ist die Kandidatur von Friedrich Merz für den Parteivorsitz in Lichtblick. Von Angela Merkel fühlten sie sich oft vernachlässigt. Merz und Merkel könnten aber kaum ein Team bilden.

Friedrich Merz muss sich sehr sicher sein. Wäre der Westfale nicht von seinem Erfolg beim CDU-Bundesparteitag Anfang Dezember in Hamburg überzeugt, urteilen Parteimitglieder, würde er nicht antreten. Der Wirtschaftsexperte würde nicht kämpfen gegen die in der Partei beliebte christlich-liberale CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und gegen den Hoffnungsträger vom rechtskonservativen Flügel,Bundesgesundheitsminister Jens Spahn - um den Parteivorsitz, den Kanzlerin Angela Merkel nach 18 Jahren abgibt.

Merz habe noch nie um ein Amt gerungen, wenn die Gefahr groß war, zu verlieren, heißt es in der Bundestagsfraktion. Man solle sich an 2002 erinnern, als Merkel ihn von seinem Platz als Unionsfraktionschef verdrängte oder an 2005, als er im ersten Merkel-Kabinett Chancen auf das Finanzministerium hatte – allerdings in Konkurrenz zum damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU). 2009 schied Merz einigermaßen resigniert aus dem Bundestag aus. Der Finanzfachmann, der erfolglos für eine dreistufige Einkommensteuer geworben hatte, die so unbürokratisch und unkompliziert sein sollte, dass sie auf einen Bierdeckel passe.

Merz hat eine ganz alte Rechnung mit Merkel offen. Stoibers einstiger Wahlkampfberater Michael Spreng schilderte einmal im „Hamburger Abendblatt“ , Merz sei vor der Bundestagswahl 2002 der Überzeugung gewesen, Stoiber wolle nicht Kanzlerkandidat werden. Dann mache er es eben, habe Merz der damals recht neuen Parteivorsitzenden gesagt und sie gefragt, was sie denn dann mache. „Mach Dir mal keine Sorgen“, habe Merkel geantwortet und später mit Stoiber vereinbart, dass sie Fraktionschefin wird, wenn die Union die Wahl verliert. So kam es.

Würde der 62-Jährige tatsächlich Nachfolger der 64-Jährigen als CDU-Chef werden, könnte sich doch bewahrheiten, was Merkel mit der von ihr lange abgelehnten Ämtertrennung immer befürchtete: den Machtverlust auch als Kanzlerin. Mehrfach hatte Merz quasi vom Spielfeldrand als nicht mehr aktiver Politiker Merkel massiv angegriffen. Etwa nach Abschluss des schwarz-roten Koalitionsvertrags und der Aufgabe des CDU-Anspruchs auf das Finanz- und das Innenministerium. „Wenn die CDU diese Demütigung auch noch hinnimmt, dann hat sie sich selbst aufgegeben“, sagte er damals der „Bild“.Der CDU-Wirtschaftsrat jubelt regelrecht über die Kandidatur über Merz und ist der Ansicht, dass er als Fraktionsvorsitzender alle verschiedenen innerparteilichen Positionen gut integriert habe. Das ist 18 Jahre her. Manche Fraktionsmitglieder heute bezweifeln, dass er daran anknüpfen kann.

In der Wirtschaft gut vernetzt

Merz ist in der Wirtschaft bestens vernetzt. Als früherer Partner und jetziger Senior Counsel der Rechtsanwaltssozietät Mayer Brown LLP betreut er zahlreiche Investoren im In- und Ausland, darunter auch Finanzinvestoren und Hedgefonds. So soll er den US-Investor Lone Star bei der Übernahme der Düsseldorfer IKB-Bank beraten haben. In diesen Kreisen sind Stundensätze im mittleren dreistelligen Bereich üblich. Zu seinen Mandanten zählen auch zahlreiche Dax-Unternehmen, die er im Gesellschaftsrecht oder im Bank- und Finanzrecht berät.

Viel Kritik brachte Merz ein, dass sich jüngst NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) dafür einsetzte, ihn zum Oberaufseher des Flughafens Köln-Bonn zu machen. Weil Merz zudem auch noch Leiter des Aufsichtsrates bei Blackrock Deutschland, einer Tochter des weltgrößten Vermögensverwalters, und bei der Wepa Industrieholding ist, verstieß die Landesregierung gegen ihren eigenen Ethik-Kodex. Der sieht nämlich vor, dass ein Aufseher im Landesauftrag in der Regel nur zwei Aufsichtsräte führen sollte. Hinzu kommen noch Mandate in den Verwaltungsräten bei der Bank HSBC Deutschland und bei Stadler Rail.

Als Laschet Merz dann auch noch zum Brexit-Beauftragten der Landesregierung machte, wurden die daraus entstehenden Interessenkonflikte mehrmals im Landtag zum Thema. Seine Gegner in der CDU halten Merz daher schon allein aus diesem Grund nicht geeignet für den Posten des CDU-Bundesvorsitzenden. Und ein Christdemokrat in Berlin nennt Merz einen Hedgefonds-Manager, dem Bürger grundsätzlich skeptisch gegenüber stünden.

Andere setzen große Hoffnungen in den Rechtsanwalt. Merkel-Kritiker, die vor allem die Flüchtlingspolitik weiterhin für zu lasch halten, verweisen darauf, dass Merz schon 2000 von der „deutschen Leitkultur“ sprach. Damals sei er für seine Forderungen nach klaren Regeln für Einwanderung und Integration und Vermeidung von Asylmissbrauch niedergemacht worden. Aber sein frühes Pochen auch auf ein Bekenntnis von Ausländern zum Grundgesetz sowie zur Emanzipation der Frau erweise sich im Rückblick als visionär. So scheiden sich an Merz die Geister. Er selbst sagt, er habe sich „nach zahlreichen Gesprächen“ für seine Kandidatur entschieden. Er ist sich eben sicher.

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