Wahlkampf in Bonn Der GA begleitete zwei CDU-Wahlhelfer bei der Arbeit

BONN · Der GA begleitete Christoph Jansen und Kristina Heß im Wahlkampf für die Christdemokraten in Bonn. Sie trotzen dem Wetter und Passanten, die keine Lust auf politische Diskussionen haben.

 Welches Plakat soll ich denn aufhängen? Christoph Jansen vor der Qual der Wahl.

Welches Plakat soll ich denn aufhängen? Christoph Jansen vor der Qual der Wahl.

Foto: Barbara Frommann

Der Kandidat ist ein alter Hase. Vor fast 30 Jahren hatte er sein erstes Mal - beim Bundestagswahlkampf im Winter 1983. "Der Kleister ist uns eingefroren, so kalt war das", sagt Benedikt Hauser, "es war ein harter Kampf, aber es hat irre Spaß gemacht."

Der 18-jährige CDU-Anhänger von damals, der seinerzeit Helmut Kohl im Bund und Hans Daniels als Direktkandidat in Bonn unterstützt hat, steht heute selbst auf dem Wahlzettel - und freut sich, dass ihm die jungen Leute genauso helfen, wie er es für die Parteigranden früher gemacht hat. Zwei von ihnen, Christoph Jansen (28) und Kristina Heß (21), hat der GA begleitet.

Die beiden bilden an diesem Samstagmorgen die Partei-Feuerwehr. Erste Station: der Rewe-Markt in Plittersdorf. Der dortige Ortsverband hatte um Hilfe beim Plakatieren gebeten. "Ich hab Verständnis dafür", sagt Kristina Heß, "die sind berufstätig und müssten das nach Feierabend machen. Wir helfen da gern." Wir - das sind insgesamt sieben Mitglieder der Jungen Union. Ein Trupp nimmt sich einen Packen Plakate und zieht ab. "Wir hängen den Benedikt an der Mittelstraße auf", ruft einer der jungen Leute noch im Weggehen. Ein paar Minuten später ist nicht nur die Mittelstraße, sondern auch die Gegend um den Schaumburger Hof Hauser-Land.

Als Kristina und Christoph weiterfahren wollen, kommt ein Mann um die Ecke, der sich als CDU-Stammwähler outet. "Ihr müsst am Rhein auch noch ein paar Plakate aufhängen. Da hängen bisher doch nur rote Socken", sagt er und deutet auf die SPD-Wahlwerbung. Gesagt, getan.

Ein paar Minuten später hängen sechs weitere Plakate an den Laternen. "Wir wollen keine Materialschlacht", sagt Christoph Jansen, "aber wir müssen sehen, dass wir ein bisschen präsent sind." Für beide ist es der erste große Wahlkampf - und gleich in wichtiger Funktion. Er führt das Hauser-Team, sie das Röttgen-Team. Das heißt, zusammen mit den CDU-Ortsverbänden und der Jungen Union organisieren sie Termine, besorgen Mitstreiter, bereiten Aktionen vor oder helfen einfach dort, wo es nötig ist.

Und warum engagieren sie sich für diese Partei? "In der CDU findet man Leute, die Modernes mit Traditionellem verbinden", sagt Christoph Jansen. Und Kristina Heß ergänzt, das komme in der CDU und Angela Merkel besonders glaubwürdig rüber. Wirklich? Das Überbordwerfen von christdemokratischen Grundsätzen als besonders glaubwürdig? Wehrpflicht? Hauptschule? Familienpolitik? Atomausstieg? "Ja", sagt Kristina, "die CDU stellt sich eben immer wieder auf neue Herausforderungen ein." Im vierten Semester studiert sie Humanmedizin, aber jetzt macht sie vor allem Wahlkampf. "Wenn meine Eltern anrufen und fragen, was ich denn so gemacht habe, und ich vom Wahlkampf erzähle, dann sagen sie regelmäßig, ich soll das Studium nicht vernachlässigen."

Die Feuerwehr ist im schwarzen Peugeot unterwegs und der ist inzwischen auf dem Brüser Berg angekommen. Dort treffen sie den Kandidaten. "Es ist extrem wichtig", sagt Benedikt Hauser, "dass die jungen Leute so engagiert sind. Sie zeigen damit auch, dass der Wahlkampf aktive Demokratie ist." Rund 120 Wahlkreistermine macht Hauser. Norbert Röttgen ist nicht so oft vor Ort. Rund 15 Termine sind es. Das hat natürlich damit zu tun, dass er als Spitzenkandidat das ganze Land beackern muss.

Außerdem könnten die Kandidaten "nur das Sahnehäubchen sein", sagt Kristina Heß, und Christoph Jansen ergänzt, "die Inhalte müssen wir im Gespräch mit den Bürgern auch rüberbringen." Auf der nächsten Station in Beuel gelingt das nur bedingt.

Es regnet in Strömen, als die beiden am CDU-Stand an der Friedrich-Breuer-Straße ankommen. Die Menschen hasten vorbei. "Am 13. Mai ist Landtagswahl", ruft Christoph immer wieder den Bürgern zu. Doch kaum einer bleibt stehen. "Kann ich Ihnen einen Apfel anbieten?", fragt Kristina. "Kommt drauf an, was dabei ist", sagt der Mittdreißiger, schaut auf den darunter liegenden Flyer mit dem Konterfei Röttgens und sagt: "Nö". Wahlkämpfer haben es zuweilen schwer.

Die Frau mittleren Alters dahinter nimmt wenigstens Apfel und Prospekt. Doch auf politische Diskussionen hat sie auch keine Lust. "Ich war schon lange nicht mehr wählen. Die versprechen so viel, aber halten so wenig", sagt sie dem GA. Früher hätte sie ja die CDU gewählt, fügt sie noch hinzu und schaut auf das Röttgen-Werbeblättchen. "Vielleicht überlege ich es mir ja noch mal."

Auf der anderen Straßenseite vor dem CDU-Schirm steht Guido Déus. Der Beueler Ratsherr wollte vor zwei Jahren Direktkandidat werden, unterlag aber Christiane Overmans mit 27 Stimmen. Diesmal wäre für ihn der Weg wohl frei gewesen - bis Röttgen Interesse an der Kandidatur in Bonn bekundete. Jetzt sagt Déus: "Norbert Röttgen ist für uns der beste Kandidat. Persönliche Ambitionen sollten da hinten anstehen." Ob er das aus tiefstem Herzen sagt? Die nächste Chance kommt bestimmt - vielleicht schon Ende des Jahres, wenn die Bonner CDU den nächsten Bundestagskandidaten aufstellt.

Jetzt geht es erst mal um den Landtag. Kristina Heß und Christoph Jansen sind wieder unterwegs. Auf der Kennedybrücke haben die Linken an jede Laterne ein Plakat gehängt. "Löhne rauf, Kitas für alle" und so weiter. Stört das die beiden? "Nein", sagt Christoph, "abhängen geht gar nicht" und eigene drunterhängen, wie es die Piraten gemacht haben, auch nicht. Wahlkampf als politischer Wettstreit mit fairen Mitteln. Das war früher anders. Jürgen Rüttgers, Röttgens Vorgänger als CDU-Landesvorsitzender, hat manchmal davon erzählt, wie er mit Parteifreunden vor 40 Jahren SPD-Plakate abgehängt hat.

Damals haben sich mehr junge Leute für Politik interessiert. Christoph Jansen ist der einzige in seiner Familie, der so politisiert ist. Ähnlich bei Kristina Heß. In Lippstadt ist sie aufgewachsen, doch eine aktive JU habe es dort nicht gegeben. Seit zwei Jahren ist sie in Bonn und seitdem hier politisch aktiv. "Die Gemeinschaft ist einfach schön", sagt sie und wenn nicht gerade Landtags-Wahlkampf ist, interessiert sie sich vor allem fürs Lokale.

"Auch wenn es nur um Standorte von Pflanzen und Bäume geht, das betrifft die Menschen vor Ort." Eine künftige Kommunalpolitikerin? So weit in die Zukunft will sie nicht schauen. "Wir sind jetzt im richtigen Alter, in dem wir uns engagieren können. Ob das noch in dem Ausmaß möglich ist, wenn ich später Familie habe, weiß ich nicht."

Bei Christoph Jansen hört sich das schon grundsätzlicher an. "Die Generationen vor uns haben viel geschafft", sagt er. Aber es sei nicht selbstverständlich, dass der Lebensstandard gehalten werden könne. "Deshalb müssen wir gestalterisch aktiv sein, um den nächsten Generationen nicht nur Schulden zu hinterlassen." Da ist Jansen ganz nah bei Röttgen, Hauser und all den anderen CDU-Kandidaten.

Inzwischen sind die Wahlhelfer in der Bonner Innenstadt. Und wieder regnet es wie aus Kübeln. An der Sürst droht sogar der CDU-Schirm wegzufliegen, mitsamt der Luftballons. Interessiertes Wahlvolk ist da nicht auf der Straße. Als der Regen aufhört, machen sich Christoph und Kristina zum Marktplatz auf, verteilen Flyer und Ballons - und freuen sich über Reaktionen wie die von Marktfrau Ute Reisinger. "Die Partei ist mir sehr sympathisch, und dass einer aus unserer Region an der Spitze steht, finde ich sehr gut."

Das motiviert für die nächsten Aufgaben. Mittlerweile ist es Nachmittag, ein kurzer Besuch in einem Schnellrestaurant steht an und dann die Planung der nächsten Aktionen vom heimischen Rechner aus. Zum Beispiel will sie an einer U-Bahn-Station Croissants verteilen. Außerdem plant sie eine Aktion für Jungwähler. Gerade die vielen Unentschlossenen, die will sie in den letzten Wochen vor der Wahl noch überzeugen. So wie es der der Kandidat vor fast 30 Jahren für seine Parteigrößen getan hat.

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