Grundsteuer Das Verfassungsgericht muss entscheiden

BERLIN · Diese Steuer ist wenig bekannt, sie trifft aber so gut wie jeden: Es geht um die Grundsteuer. Mieter zahlen sie indirekt über die Nebenkosten, Eigenheimer müssen sie direkt ans Finanzamt überweisen.

Die Grundsteuer steht den Kommunen zu. Sie wird bundesweit auf 35 Millionen Grundstücke, Einfamilienhäuser, Eigentumswohnungen und andere Immobilien erhoben.

Das Verfassungsgericht entscheidet bald, ob die Ausgestaltung der Grundsteuer gegen das Grundgesetz verstößt. Beobachter gehen davon aus, dass Karlsruhe dem Gesetzgeber eine Reform der Abgabe, die 2013 rund 12,5 Milliarden Euro einbrachte, aufgeben wird. Dafür spricht schon dies: Im Osten wird die Grundsteuer anhand von Werten festgelegt, die vor knapp 80 Jahren ermittelt wurden. Auch im Westen sind die Werte nicht aktuell: Hier stammen sie von 1964.

Auch dies spricht für eine Überarbeitung: 2010 hatte sich der Bundesfinanzhof mit der Grundsteuer beschäftigt und die Praxis "jedenfalls für Stichtage bis zum 1. Januar 2007 noch verfassungsgemäß" angesehen. Seitdem sind sieben Jahre vergangen. In dieser Zeit sind die Immobilienpreise in vielen Ballungsgebieten rasant gestiegen.

Da liegt nahe, dass die Werte, die 2007 noch so eben verfassungsgemäß waren, heute gegen die Verfassung verstoßen. Eine Reform der Grundsteuer liegt also in der Luft. Sie müsste der Bund anstoßen. Doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht sich nicht am Zug. Er will sich "keine blutige Nase" holen, wie er kürzlich sagte.

Die Länder sind also gefragt. Sie wollen erst einmal abwarten, welche Pflöcke die Karlsruher Richter einschlagen. Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD) sagte: "Ich rate allen, sich jetzt noch nicht auf ein Modell festzulegen. Wir sollten abwarten, welchen Tenor das Urteil aus Karlsruhe hat und dann im Lichte der Entscheidung zügig die Grundsteuer reformieren."

Seit Jahren diskutieren die Länder unterschiedliche Modelle. Die Modelle wurden auch schon durchgerechnet. Die Ergebnisse sind allerdings unter Verschluss, weil es bei allen Modellen Gewinner und Verlierer gibt. Dem Vernehmen nach setzt sich zudem bei den Ländern die Einsicht durch, dass eine Neuermittlung der Bemessungsgrundlage bei 35 Millionen Immobilien nicht zu leisten wäre. Dies sieht auch Thomas Eigenthaler, Chef der Steuergewerkschaft, so. In seiner Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde schreibt er: "Wir halten dies angesichts eines immer weiter abnehmenden Personalkörpers für nicht machbar."

Die Grundsteuer ist eine komplizierte Steuer. Bemessungsgrundlage sind Einheitswerte aus den Jahren 1935 und 1964, die allerdings über die Jahrzehnte aktualisiert wurden. Für eine 90-Quadratmeter-Wohnung in Kölner Innenstadtlage etwa liegt der Betrag jährlich bei rund 240 Euro, für eine 150-Quadratmeter-Wohnung im Osten Berlins bei rund 370 Euro. Wichtig zu wissen: Das letzte Wort über die Grundsteuer haben die Kommunen. Denn sie legen den Hebesatz fest und entscheiden so, wie viel sie für die einzelne Immobilie kassieren.

Der Hebesatz ist der Faktor, mit dem der individuelle Steuermessbetrag einer Immobilie multipliziert wird. Der Satz fällt je nach Kommune unterschiedlich aus: Berlin liegt mit einem Hebesatz von 810 rekordverdächtig vorn, Bonn hat 530, Stuttgart 520 und Köln 515.

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