Ministerpräsident Armin Laschet Großveranstaltungen in NRW sollen abgesagt werden

Düsseldorf · Geisterspiele in der Fußball-Bundesliga und die Absagen der Lit.Cologne und von Konzerten. Das ist erst der Anfang. Wegen des Coronavirus sollen in NRW alle Veranstaltungen mit mehr als 1000 Besuchern abgesagt werden.

 Armin Laschet (CDU,l) nordrhein-westfälischer Ministerpräsident, und Karl-Josef Laumann (CDU), Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, beantworten die Fragen von Journalisten.

Armin Laschet (CDU,l) nordrhein-westfälischer Ministerpräsident, und Karl-Josef Laumann (CDU), Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, beantworten die Fragen von Journalisten.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Nordrhein-Westfalen steht wegen des Coronavirus vor spürbaren Einschnitten im öffentlichen Leben: Landesweit sollen „bis auf weiteres“ keine Veranstaltungen mit mehr als 1000 erwarteten Besuchern stattfinden. Diese Vorgabe erhielten die zuständigen Kommunen am Dienstag von der Landesregierung. Bereits vor dem Erlass des NRW-Gesundheitsministeriums an die örtlichen Behörden wurde das Literaturfestival Lit.Cologne abgesagt. In Mönchengladbach und Dortmund fiel die Entscheidung für die Austragung von Geisterspielen in der Fußball-Bundesliga. Und in der Kölner Lanxess-Arena finden vorerst keine Veranstaltungen mehr statt.

„Die Lage ist ernst, aber kein Grund zur Panik oder für irrationales Verhalten“, sagte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). „Was jetzt zählt, ist besonnenes und vor allem wirksames Handeln.“ Dabei müssten Großveranstaltungen in den Fokus genommen werden, auch wenn Absagen für Veranstalter teilweise schmerzhaft seien und zu Umsatzeinbußen führten. Die Landesregierung kündigte Überbrückungskredite für betroffene Firmen an.

Durch die Maßnahme solle sich die Virus-Ausbreitung verlangsamen und damit auch die Entwicklung intensivmedizinischer Fälle, um vor den Höhepunkt des Geschehens vorbereitet zu sein, so Laschet und appellierte: „Mehr denn je ist Rücksichtnahme und Zusammenhalt erforderlich.“

ÖPNV, Schulen und Kitas seien wichtige Voraussetzungen für das Funktionieren des Landes, sagte Laschet. „Aber man kann in diesen Zeiten dann verzichten auf ein Fußballspiel, auf ein Konzert, auf einen Clubbesuch. Dinge, die nicht dringend erforderlich sind, müssen wir für eine gewisse Zeit zurückstellen“, sagte Laschet.

Verhalten reagierte die Stadt Bonn auf den Erlass. „Die Stadtverwaltung hat den Erlass zur Kenntnis genommen und nimmt ihn selbstverständlich ernst“, teilte Bonns Oberbürgermeister Ashok Sridharan am Dienstagabend mit. Für die Stadtverwaltung ergäben sich mit Blick auf den Erlass allerdings eine ganze Reihe von Fragen, wie etwa nach der Haftung und Schadensersatzforderungen. Um Klärung dieser Fragen wolle die Verwaltung die Landesregierung am Mittwoch bitten. Die Verwaltung gehe davon aus, dass die Umsetzung des Erlasses über eine so genannte ordnungsbehördliche Allgemeinverfügung geregelt werde. Kleinere Veranstaltungen würden einer Einzelfallprüfung unterzogen werden.

Alternative: Sportevents ohne Zuschauer

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte empfohlen, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern wegen der schnellen Ausbreitung des Virus offensiver abzusagen.

Die örtlichen Behörden müssten Veranstaltungen mit mehr als 1000 erwarteten Besuchern grundsätzlich absagen, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Alternativ könnten Sport-Veranstaltungen ohne Zuschauer stattfinden. Absagen können die Behörden demnach aber auch weiterhin Veranstaltungen mit weniger als 1000 Personen, wenn es besondere Risiken gibt. Risiken könnten etwa die Zusammensetzung der Teilnehmer, die Intensität der Kontakte oder bauliche Gegebenheiten sein.

Die Stadt Mönchengladbach traf schon vor dem Erlass die Entscheidung für das erste Geisterspiel in der Fußball-Bundesliga: Demnach darf das Nachholspiel Borussia Mönchengladbach gegen den 1. FC Köln am Mittwoch nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Die Stadt Dortmund entschied zudem, dass auch das Revierderby in der Fußball-Bundesliga zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 an diesem Samstag ohne Zuschauer stattfinden muss.

Lit.Cologne und Konzerte abgesagt

Das Literaturfestival Lit.Cologne wurde auf Empfehlung der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) abgesagt, wie die Organisatoren mitteilten. „In der jetzigen Situation müssen wir alles dafür tun, die Infektionsketten zu durchbrechen“, wurde Reker zitiert. Mit mehr als 200 Veranstaltungen und über 100.000 Besuchern an zwölf Tagen ist die Lit.Cologne nach eigenen Angaben das größte Literaturfestival Europas.

Auch die Kölner Lanxess-Arena, eine der größten Mehrzweckhallen Deutschlands, zog Konsequenzen: Der Betrieb pausiere vorerst, teilte die Lanxess-Arena mit. Man sei aber zuversichtlich, „die Großzahl der betroffenen Veranstaltungen“ nachholen zu können. „Für uns ist der wirtschaftliche Schaden natürlich immens“, machte Geschäftsführer Stefan Löcher deutlich.

Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) hatte die Zahl 1000 als „ziemlich willkürlich bezeichnet“: „Dann müsste man auch den Betrieb von Großmärkten schließen, in denen sich über 1000 Kunden aufhalten“, folgerte er in der „Rheinischen Post“. Der Mönchengladbacher Oberbürgermeister Wilhelm Reiners (CDU) bedauerte mit Blick auf das Spiel Borussia Mönchengladbach gegen den 1. FC Köln zwar die Entwicklung. Aber er sei froh, dass es jetzt wenigstens eine NRW-weit einheitliche Regelung gebe. Natürlich könne er aber auch die Enttäuschung der Fans verstehen.

Die Zahl der bestätigten Infektionen war nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums von landesweit von 524 am Vortag auf knapp 580 am Dienstag (Stand: 10 Uhr) gestiegen. Davon waren 323 Fälle im besonders betroffenen Kreis Heinsberg nachgewiesen.

Am Montag waren erstmals in Deutschland zwei Menschen nach Erkrankungen mit dem neuen Coronavirus gestorben. Das erste Todesopfer war eine 89-jährige Frau aus Essen, das zweite ein 78-jähriger Mann aus Gangelt im Kreis Heinsberg.

(dpa)
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