Kommentar zum Führungswechsel bei Audi Chance vertan
Meinung | Berlin · Eine Krise muss man zu nutzen wissen, man darf sie nicht ungenutzt verstreichen lassen. VW macht es anders, kommentiert GA-Chefredakteur Helge Matthiesen.
Wenn es beim Fußball nicht läuft, dann wird der Trainer ausgetauscht. In der Autoindustrie ist das derzeit anders. Audi steckt tief im Dieselskandal, aber der Aufsichtsrat schickt ein paar Assistenten nach Hause. Die Begründungen für diese Entscheidung klingen so, als gehe es hier nicht um eine existenzbedrohende Krise, sondern um ein paar Problemchen auf diesem oder jenem Markt, die man mit ein paar neuen Leuten rasch wieder in den Griff bekommen werde. Die personellen Veränderungen waren schon seit einigen Wochen absehbar. Gleichwohl ist das Verhalten des VW-Konzerns verstörend, denn die tonangebenden Manager bei VW tun so, als sei alles so wie immer. Wer darin ein taktisches Manöver erkennt, redet sich die Sache schön.
Eine Krise muss man zu nutzen wissen, man darf sie nicht ungenutzt verstreichen lassen. VW macht es anders. Dabei geht es nicht nur um den Dieselskandal, sondern auch um die Probleme, die Audi in den vergangenen Monaten im Autogeschäft selbst produziert hat. Mercedes und BMW sind derzeit innovativer und erfolgreicher. Audi hat seine führende Position verloren. Selbst der Betriebsrat mahnt strategische Überlegungen in Sachen alternativer Antriebstechnik an. Aber die alte Führung soll es jetzt richten.
Der Konzern setzt auf Kontinuität, obwohl alle auf das Signal für den Neuanfang warten. VW hatte die Chance, diese Botschaft über eine der Konzerntöchter zu transportieren, was die Wolfsburger Zentrale entlastet hätte. Dazu war der Konzern nicht bereit. Er hat eine Chance vertan.