Werteunion nicht dagegen CDU streitet über Zusammenarbeit mit AfD

Bonn · Konservative und liberale Kräfte in der CDU streiten über eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD. Der Vorsitzende der konservativen Werteunion, Alexander Mitsch, sprach sich dagegen aus, eine Kooperation grundsätzlich auszuschließen.

 Alexander Mitsch ist Bundesvorsitzender der Werte-Union, des konservativen CDU-Flügels.

Alexander Mitsch ist Bundesvorsitzender der Werte-Union, des konservativen CDU-Flügels.

Foto: Uwe Anspach/Archiv

Hätte die Parteiendemokratie eine andere Entwicklung genommen, wenn sich manche konservative Kräfte in der CDU zu Beginn der 2010er Jahre mehr anerkannt gefühlt hätten? Wäre es nicht zur AfD gekommen, wenn Parteiführung und rechtsorientierte Mitglieder früher ins Gespräch gekommen wären? Natürlich kann es 2019 darauf keine eindeutige Antwort geben. Und dennoch: Im Blick auf das Geschehen vor einigen Jahren fürchtet mancher in der CDU, dass bald weitere Konservative der Partei verloren gehen – womöglich ist das Aufkommen der Werteunion, ein Zusammenschluss von Konservativen, ein Vorbote.

Ein Blick zurück: 2012 lud CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe Mitglieder des konservativen „Berliner Kreises“ ins Adenauer-Haus ein. Mit dabei: Alexander Gauland, der ein Jahr zuvor in der „Welt“ mit Parteichefin Angela Merkel abgerechnet und erklärt hatte, er werde überglücklich sein, wenn er ihren Abgang erleben dürfe. Gröhe habe empfohlen, sich auf lokaler Ebene einzubringen, erzählte Gauland ein paar Jahre später dem „Spiegel“. Er hätte sich damals mehr Wertschätzung gewünscht. Im Frühjahr 2013 trat er aus der CDU aus, wurde zu einem der Gründungsmitglieder des AfD-Vorläufers und ist inzwischen Parteichef.

Und heute? Liegt die AfD im ARD-Deutschlandtrend bei 14 und die Union bei 26 Prozent. Zugleich wächst die Werteunion. Derzeit hat sie nach eigenen Angaben gut 2000 Mitglieder. Einen offiziellen Status als Vereinigung oder Sonderorganisation wie die Frauen Union, die Junge Union oder der Agrarausschuss hat sie nicht. Der Zuwachs der Werteunion sei „die Konsequenz aus der inhaltsleeren Politik Merkels“, ist aus der nordrhein-westfälischen CDU zu hören, „wir haben doch vieles abgeräumt, was bis in die 2000er Jahre CDU-Politik war: mit der Energiewende, der Aussetzung der Wehrpflicht und vor allem der Flüchtlingskrise.“

Mit der Bitte, Namen von Gesprächspartnern nicht zu veröffentlichen, ist aus der NRW-CDU zudem zu hören, dass es nicht richtig sein könne, der Werteunion jegliche Anerkennung zu verweigern. „Das sind zu 95 Prozent vernünftige Leute, keine Radikalen oder Dissidenten, sondern Menschen, die mit dem Kurs der Partei nicht mehr klarkommen und dem Konservativen ein stärkeres Gewicht geben wollen“, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Und zum politischen Effekt: „Wenn die Parteiführung die Werteunion mehr einbindet, könnte die CDU die AfD besser bekämpfen.“ Nach dem Motto: Seht her, wir vernachlässigen nicht mehr die konservative Strömung.

Eine Einstellung, die der Bonner Politikwissenschaftler Tilman Mayer nicht teilt. „Der Vorsitzende (Alexander Mitsch) hat keine charismatische Ausstrahlung. Er ist zu unbekannt für die Masse der AfD-Wähler.“ Daher könne die Werteunion in der Auseinandersetzung mit der AfD der CDU – derzeit jedenfalls – nicht helfen. Mayer spricht von einem „jungen Gebilde“, das in der CDU kaum eine Basis habe. Gleichwohl sei es wichtig, dass man sich Gesprächen nicht verweigert. Mayer empfiehlt hier allerdings, Kanäle „auf untergeordneter Ebene“ zu bespielen. Offizielle Gespräche von Werteunion und Parteiführung könnten zu dem Eindruck führen, dass man in der CDU auf einen Anti-Merkel-Kurs einschwenke. Was viel zu früh sei.

In der NRW-CDU hält man sich aktuell mit Blick auf die Werteunion bedeckt. Ein enger Mitarbeiter von Generalsekretär Josef Hovenjürgen sagte am Donnerstag: „Zur Werteunion sagen wir überhaupt nichts. Wir kommentieren auch keine Aussagen von ihr.“ Eine Stellungnahme eines hochrangigen CDU-Landespolitikers ist dennoch überliefert – vom Kirchentag im Juni in Dortmund. Landeschef Armin Laschet meinte seinerzeit: „Wir haben eine Werteunion, die heißt Evangelischer Arbeitskreis. Eine andere brauchen wir nicht.“

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