Bildung Budgets der Ganztagsschulen von Land zu Land unterschiedlich

Gütersloh/Berlin · Ganztagsschulen sollen die Lernchancen für alle Kinder verbessern und auch ihren berufstätigen Eltern helfen. Doch von Land zu Land klaffen die Vorgaben bei Öffnungszeiten und Finanzierung von Zusatzpersonal weit auseinander. Eine neue Studie prangert den "Flickenteppich" an.

An deutschen Ganztagsschulen gibt es von Bundesland zu Bundesland riesige Unterschiede bei den Lernzeiten und der Ausstattung mit Lehrern oder Erziehern.

So liegt die Bandbreite dessen, was die Länder jährlich für zusätzliches Ganztags-Personal ausgeben, zwischen schmalen 1300 Euro pro Schulklasse einer gymnasialen Ganztagsschule (Sekundarstufe I) in Sachsen - und üppig bemessenen knapp 37 000 Euro in Rheinland-Pfalz.

Dies ist eines der Ergebnisse einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zum bundesweit wachsenden Ganztagsschulangebot in Deutschland. Die Analyse will erstmals die Lernbedingungen für die 1,27 Millionen Schüler in bindenden Ganztagsschulen vergleichbar machen - und die klaffen je nach Bundesland oder Schulform weit auseinander.

Von einem "Flickenteppich Ganztag" sprechen daher die Autoren der Studie. "Wir haben bundesweit einen Dschungel an unterschiedlichen Bestimmungen zur Verteilung von Ressourcen im Ganztag. Die riesigen Unterschiede legen offen, wie sehr es an gemeinsamen Standards für den Ganztag mangelt", fasst Dirk Zorn, Bildungsexperte der Bertelsmann-Stiftung, die Erkenntnisse des Reports zusammen. Für gleichwertige Lernchancen müssten die zuständigen Kultusminister der Länder dringend Mindeststandards vereinbaren.

So ist die zusätzliche Zeit, die Ganztagsschülern im Vergleich zu anderen zur Verfügung steht, abhängig von weit auseinander gehenden Vorgaben in den Ländern. Grundschüler in hessischen Ganztagsschulen verbringen 22 zusätzliche Stunden pro Woche an der Schule. In Thüringen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen sind nur acht vorgesehen.

An weiterführenden Schulen sinkt im Durchschnitt die Zusatz-Lernzeit, die riesige Spannbreite je nach Land bleibt: Kommen Ganztagsschüler aus Hessen oder Hamburg auf überdurchschnittliche Werte zwischen 13 und 16,4 Extra-Stunden, so sind für Schüler aus Nordrhein-Westfalen und den ostdeutschen Flächenländern mit Ausnahme Brandenburgs in den höheren Klassen nur rund vier Mehrstunden vorgesehen.

Der Bertelsmann-Report moniert auch, dass Lernzeiten und Personalausstattung in vielen Ländern nicht aufeinander abgestimmt seien. So stellten die Länder Hessen und Bremen gerade mal so viel Zusatz-Personal bereit, dass 22 Prozent der Nachmittags-Extrazeit mit Fachkräften bestückt sind. Nimmt man die Grundschulen aus, stehen auch Sachsen und Thüringen mit ähnlichen Werten schlecht da. Die Lücke muss den Autoren zufolge mit kommunalen oder privaten Mitteln gefüllt werden - Lehrer besetzten diese Stellen nicht.

Für die Analyse haben sich die Bildungsforscher ausschließlich auf die Form der sogenannten gebundenen Ganztagsschule konzentriert - also Schulen, an denen die Teilnahme am längeren gemeinsamen Lernen für alle Pflicht ist und nicht offenes Angebot.

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef im Bundestag, Hubertus Heil, sieht in der Studie "ein Plädoyer für mehr guten Ganztag, und zwar vor allem für mehr guten Unterricht in Ganztagsform. Hier müssen viele Länder sich noch weiter anstrengen, höhere Qualitätsstandards vereinbaren und sich stärker auf guten Unterricht konzentrieren." Der Bund könne "einen wichtigen Beitrag leisten und die Länder deutlich entlasten, etwa indem er Baumaßnahmen fördert oder die schulische Sozialarbeit finanziert".

Für den Grünen-Bildungsexperten Özcan Mutlu zeigt der Report "die Achillesferse der Bundesregierung: Sie tut zu wenig für die Bildungsgerechtigkeit in Deutschland." Nötig seien "bundesweite Mindeststandards", und da sei der Bund "mit in der Pflicht".

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