Flüchtlingsstreit in der Union Bouffier hält Kompromiss bei Obergrenze für möglich

Berlin · Die Unionsparteien scheinen sich im Flüchtlingsstreit näher zu kommen. CSU-Chef Seehofer ist nach Gesprächen beider Parteispitzen "sehr zufrieden" - und CDU-Vize Bouffier sieht einen neuen Ansatz bei der umstrittenen Obergrenze.

 Volker Bouffier will "die Diskussion nicht mit Zahlen bereichern."

Volker Bouffier will "die Diskussion nicht mit Zahlen bereichern."

Foto: Boris Roessler

In den Unionsstreit um eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland kommt Bewegung. CDU-Vize Volker Bouffier sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, er halte einen Kompromiss auf eine "Orientierungsgröße" für möglich.

Die entsprechende Formulierung der CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt finde er sehr interessant. Was er unter "Orientierungsgröße" versteht, sagte der hessische Ministerpräsident nicht. "Ich werde die Diskussion nicht mit Zahlen bereichern." Man müsse sich erst darüber verständigen, welche Personengruppen darunter fielen. Es geht um Flüchtlinge, Zuwanderer und Asylbewerber.

CSU-Chef Horst Seehofer fordert eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt das ab. Hasselfeldt versteht diese Forderung nicht als so starre Grenze, dass der erste Flüchtling oberhalb dieser Grenze nicht mehr ins Land dürfte, wie sie jüngst deutlich machte.

Bei der Beratung der Unionsführung um Merkel und Seehofer am Donnerstagabend in Berlin spielte das Thema dem Vernehmen nach keine Rolle. Nach dem - wie es hieß - atmosphärisch guten Treffen wächst in der Union allerdings die Hoffnung auf ein Ende des erbitterten Streits über die Flüchtlingspolitik.

"Es waren wirklich sehr gehaltvolle Gespräche über auch langfristige Themenfelder. Und ich bin ausgesprochen zufrieden", sagte Seehofer anschließend. Die Gesprächsatmosphäre sei "wunderbar" gewesen. Auf die Frage, ob auch über das zentrale Streitthema einer Obergrenze für die Flüchtlingszahl gesprochen worden sei, entgegnete Seehofer nur: "Ich bin zufrieden. Sehr zufrieden sogar." CDU-Generalsekretär Peter Tauber sprach von einem sehr guten und konstruktiven Gespräch.

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn indes ist die von der CSU geforderte Obergrenze sogar noch zu hoch. "Ob Nizza, Rotterdam oder Duisburg. Gerade bei Zuwanderern aus dem arabisch-nordafrikanischen Kulturen hat Integration bisher zu oft nicht geklappt", sagte er der "Rheinischen Post". "Angesichts dessen wären 200 000 Asylbewerber jedes Jahr eine ziemlich hohe Zahl."

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) lehnt eine Obergrenze weiter ab. "Obergrenzen sind nicht mit unserer Verfassung zu vereinbaren", sagte er der "Passauer Neue Presse". "Was wir brauchen, ist ein Einwanderungsgesetz. Da können wir die Kriterien festlegen, wer bleiben darf." Damit werde dafür gesorgt, dass nicht alle über den Asyl-Weg nach Deutschland wollten.

Bouffier setzt mit Blick auf einen gemeinsamen Kongress von CDU und CSU an diesem Samstag in Würzburg zum Thema "Zusammenhalt der Gesellschaft" auf die Gemeinsamkeiten mit der CSU. Man sei in vielen Punkten sehr nah beieinander, sagte er. Die Debatte über die Obergrenze und der Disput mit der CSU überlagere vieles, was in der Flüchtlingspolitik bereits gemeinsam erreicht worden sei.

Ab diesem Samstag wollen CDU und CSU auf sechs Kongressen nach gemeinsamen Positionen bei strategisch wichtigen Themen suchen. In Zeiten wie diesen sei nichts so wichtig wie die Einheit der Union, erklärte Bouffier. Merkel sollte seiner Ansicht für eine vierte Kanzlerkandidatur entscheiden. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte Bouffier: "Ich wünsche mir, dass die Bundeskanzlerin bald erklärt, dass sie 2017 für die Union wieder antritt."

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