Piraten-Partei Bonns Piraten sind jetzt sesshaft geworden

BONN · Ein "fester" Wohnsitz war in ihrem Konzept eigentlich nicht vorgesehen. Doch nun haben auch die Bonner Piraten eine eigene Anlaufstelle. In der Münsterstraße 1 nahe am Hauptbahnhof befindet sich ihr neues Wahlkampfbüro.

Ganz normal mit Schreibtischen, Computer und Telefonen ausgestattet. Die Tische selbstredend mit orangefarbenen Tischdecken belegt. Und überall hängen Plakate. Wahlkampf geht halt auch bei den Piraten nicht nur übers Netz. Die Miete hat ein Spender übernommen, erzählt Bernhard Smolarz. "Ein eigenes Büro war überfällig. Sonst kriegen wir das alles nicht mehr in den Griff", erklärt der 42-jährige Informatiker, der zu den Gründungsmitgliedern des Bonner Kreisverbands der Piraten gehört.

180 Mitglieder zählt der Kreisverband. Und es werden täglich mehr, sagt Smolarz. Mindestens 36 Euro Beitrag im Jahr zahlt jeder. Ermäßigt zwölf Euro. "Viele kommen zu uns, weil sie sagen, so geht es mit der Politik nicht mehr weiter", sagt Smolarz. "Da sind schon recht viele aus der SPD dabei, aber auch aus den anderen Parteien." Und wie sieht es aus mit den Frauen, von denen es bei den Piraten so wenig geben soll? "Wir wissen nicht, wie viele Frauen in Bonn Mitglied sind", sagt Smolarz, "Angaben zum Geschlecht werden bei uns nicht gemacht." Er schätzt aber ungefähr ein Drittel.

Als der Bonner Kreisverband 2010 aus der Taufe gehoben wurde, hatten die Piraten in Bonn schon zwei Wahlen hinter sich. Die Europa- und Bundestagswahl 2009. Auf etwas über zwei Prozent kamen sie damals, ebenfalls bei der Landtagswahl 2010.

Jetzt herrscht Aufbruchstimmung in der Münsterstraße 1. Nach den jüngsten Umfrageergebnissen sehen sich die Piraten ganz sicher im Landtag vertreten. Ein Bonner wird allerdings in Düsseldorf nicht dabei sein. "Wir haben nur hintere Listenplätze", sagt Smolarz, der im Wahlkreis 29 (nördliches Bonn/Beuel) antritt. Im Wahlkreis von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und dem Bonner SPD-Urgestein Bernhard "Felix" von Grünberg. Der 42-Jährige ist ein selbstbewusster Pirat. Im Parteiblog witzelt er, Röttgen habe aus Angst vor ihm gewechselt und kandidiere nun doch in seinem Heimat-Wahlkreis im Rhein-Sieg-Kreis.

Wie Smolarz engagieren sich alle Piraten in Bonn ehrenamtlich für die Partei. Noch. "Jeder übernimmt mal freiwillig den Telefondienst und all das andere, was im Wahlkampf anfällt." Doch irgendwann wird neben dem festen Büro wohl auch festes Personal unabdingbar sein, wenn der Kreisverband weiter in dem Tempo wächst.

Smolarz hätte nichts dagegen. Zumal zurzeit darüber nachgedacht werde, mit den Piraten im Rhein-Sieg-Kreis, die noch ohne Verbandsstruktur sind, zusammen zu gehen. Nach dieser Landtagswahl kommen zudem die Wahlen für den Bundestag (2013) und die Kommunalwahl (2014). Auf jeden Fall, so sagt er, wollen die Piraten dann auch als Fraktion den Bonner Stadtrat entern.

Aufmerksame Zuhörer in den Ratssitzungen und den Ausschüssen sind sie schon seit geraumer Zeit. Vor allem die kulturpolitische Diskussion missfällt Smolarz und seinen Parteifreunden. "Ein Festspielhaus", so betont er, "wäre bei der städtischen Finanzlage mit uns nicht zu machen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Planlose Reformidee
Kommentar zum Abtreibungsgesetz Planlose Reformidee
Am Bedarf vorbei
Kommentar zum Ärztemangel Am Bedarf vorbei
Zum Thema
Aus dem Ressort