Aufteilung der Ministerien Bonn, Berlin und der Ruhestand

Bonn · Der demografische Wandel könnte die Aufteilung der Ministerien zwischen Berlin und Bonn verändern. Bauministerin Barbara Hendricks will die Diskussion versachlichen.

Gut 20 Minuten hat Barbara Hendricks schon geredet. Die Bonn/Berlin-Beauftragte der Bundesregierung trug den Bericht über die Aufteilung der Ministerien auf die beiden Standorte vor und enthielt sich dabei jeder persönlichen Wertung. Stattdessen betonte die Bauministerin mehrfach: „Ich will die Diskussion versachlichen.“ Ihre Aufgabe sei es gewesen, mit dem Statusbericht „eine ergebnisoffene Bestandsaufnahme über die Arbeitsteilung der Bundesregierung zwischen Berlin und Bonn“ zu erstellen. Der Bericht solle als Grundlage für die weitere Diskussion „der Berlin/Bonn-Frage“ dienen.

Doch so ganz will Hendricks an diesem Morgen dann doch nicht die Unparteiische spielen. Schon im Herbst vorigen Jahres hatte sie in einem Interview zur Aufteilung der Ministerien gesagt: „So, wie es ist, kann und wird es nicht bleiben.“ Interpretiert wurde dies nicht nur in Bonn und Umgebung als Aufruf, nun den Komplettumzug der Regierung vom Rhein an die Spree in die Wege zu leiten.

Jetzt sagt die Ministerin bei der Pressekonferenz in ihrem Haus am Robert-Schuman-Platz: „Meine persönliche Meinung ist, dass es im Interesse der Region Bonn wäre, wenn man nicht so tun würde, als würde einfach alles so bleiben, wie es ist, wenn man gar nichts tut.“ Etwas verschwurbelt, aber klar in der Sache dürfte das wohl als Aufruf an die handelnden Personen in Bonn und der Region gewertet werden, eine Verhandlungsposition zu beziehen, nach dem Motto: „Was seid Ihr bereit abzugeben?“

Immer wieder weist Hendricks in ihrem kleinen Vortrag darauf hin, wie gut es der Region doch geht. Bonn habe das höchste Bruttoinlandsprodukt in NRW je Erwerbstätigem, die Einwohnerzahl sei sowohl in Bonn als auch in den Kreisen Rhein-Sieg und Ahrweiler gestiegen, ebenso die Anzahl der Erwerbstätigen. Die Region habe sich „positiv entwickelt“ – auch dank der 90 Ausgleichsprojekte sowie 200 Einzelmaßnahmen, für die der Bund im Zuge des Umzugs von Parlament und Teilen der Regierung 1,5 Milliarden Euro ausgegeben habe. Zudem sei der Bund ein bedeutender Arbeitgeber geblieben. Seit dem Jahr 2000 seien sogar noch 2200 Arbeitsplätze in Einrichtungen des Bundes hinzugekommen.

Die Anzahl der Stellen in den Bundesministerien sei zwar um rund 3800 zurückgegangen. In den übrigen Einrichtungen des Bundes seien aber 6000 Stellen mehr ausgewiesen. Hendricks spricht von einem positiven Saldo für Bonn von 2200 Stellen. Schon im GA-Interview am Vortag hat sie verkündet, dass Bonn heute deutlich mehr Bundesbeschäftigte als je zuvor habe. Insgesamt seien es 37 300 Arbeitsplätze in Einrichtungen des Bundes, fügt sie nun hinzu.

„Habt Euch nicht so“

Fast könnte man meinen, die Ministerin würde den Bonnern zurufen: „Habt Euch nicht so. Ihr braucht Euch keine Sorgen um Eure Zukunft zu machen.“ Auch weil Bonn – mit Hilfe des Bundes – zu einem internationalen Zentrum und zur UN-Stadt ausgebaut worden sei.

Dass in den vergangenen Jahren Ministeriumsarbeitsplätze nach Berlin verlagert worden sind, hat nach Aussage von Hendricks mit drei Dingen zu tun: Der Sogwirkung der Leitungsebene für die übrigen Beschäftigten der jeweiligen Einheit, der höheren Attraktivität der Arbeitsplätze in Berlin aufgrund der Nähe zur Leitungsebene und zum politischen Geschehen „und auch so etwas wie Standortsicherheit, Planungssicherheit für Beschäftigte und neue Kollegen“. Ob die in Bonn nicht mehr gegeben ist? Unmittelbar danach hebt Hendricks darauf ab, dass die Bonner Beschäftigten im Schnitt fünf Jahre älter sind als die Berliner Kollegen (50,1 Jahre gegenüber 45,4). Drei Viertel der Beschäftigten in Bonn gingen in den nächsten 20 Jahren in den Ruhestand.

Weil zudem immer mehr Neueinstellungen in Berlin und immer weniger in Bonn erfolgen, könnte der demografische Wandel dafür sorgen, dass der Ministeriumsstandort Bonn langsam ausläuft. Hendricks sagt nicht, dass sie darauf setzt. Sie teilt aber mit, dass einige Ressorts schon Schwierigkeiten bei der Einstellung von Personal für den Dienstort Bonn hätten.

Über Kosten für einen etwaigen Komplettumzug sagt sie an diesem Morgen nichts. Sie betont nur, dass die Teilung von Referaten oder vergleichbaren Organisationseinheiten „zu besonders negativen Auswirkungen der Aufteilung der Bundesministerien führt“. Es litten sowohl die Effektivität als auch die Effizienz der Zusammenarbeit, wenn die Beschäftigten immer öfter Dienstreisen unternehmen müssten, um an Sitzungen teilzunehmen. Sie spricht von einem Plus in Höhe von 20 Prozent von 2015 gegenüber 2014.

Ob das nicht alles für einen Komplettumzug spricht, will ein Journalist dann noch wissen. „Wenn der Bericht sagen würde, die Zusammenarbeit klappt nicht, dann müsste ich sofort sagen, der Zustand muss beendet werden. Ich sage aber, die Zusammenarbeit-Strukturen funktionieren, durchaus mit Effizienzverlusten, aber sie funktionieren.“ Für die Bonner zum Schluss ein versöhnliches Wort der Ministerin.

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