NSU-Prozess Böhnhardt-Clique soll schon 1992 Waffen gehabt haben

München · In der Jugendbande des mutmaßlichen NSU-Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt sind nach Angaben eines Zeugen schon Anfang der neunziger Jahre Waffen kursiert.

Böhnhardt und andere Mitglieder hätten über die Kleidung ihre rechtsextreme Gesinnung offen gezeigt, sagte der Mann vor dem Oberlandesgericht München. Die Bande in Jena habe viele Straftaten begangen, darunter Autodiebstähle und Einbrüche.

Böhnhardt bildete später zusammen mit Beate Zschäpe und Uwe Mundlos den "Nationalsozialistischen Untergrund". Zschäpe ist als einzige Überlebende des Trios zusammen mit vier Helfern wegen zehn Morden und zwei Sprengstoffanschlägen angeklagt.

Der Zeuge sagte, er habe damals im Haus eines der Cliquenmitglieder "zwei oder drei" Revolver oder Pistolen gesehen. Über die Herkunft der Waffen habe er nichts gewusst. Er erinnere sich allerdings daran, dass es in der Szene in Jena einen Mann mit dem Spitznamen "Papst" gegeben habe. Er wisse noch, dass "der Papst" zwei Rottweiler und einen kahlgeschorenen, tätowierten Schädel gehabt habe. Er sei dafür bekanntgewesen, dass man bei ihm "alles" bekommen könne.

Böhnhardt bezeichnete der Zeuge als "lustig", er habe ihn aber auch gefürchtet, denn dieser habe "ruck zuck" die Stimmung wechseln und sehr aggressiv werden können. Bei Raubzügen sei er sehr planvoll und "clever" vorgegangen. So habe er nie ein Auto spontan geknackt, wenn es ihm gefiel, sondern immer zuerst sorgfältig die Umgebung beobachtet.

Über Böhnhardts damalige politische Gesinnung wisse er nicht viel, sagte der Zeuge. Böhnhardt habe aber Springerstiefel, Glatze und Bomberjacke getragen. Andere Mitglieder der Clique seien eindeutig rechtsradikal gewesen. Er habe auch Hakenkreuz-Grafitti an Wänden und rechtsradikale Flaggen gesehen.

Der Zeuge schilderte auch sein eigenes Schicksal. Von älteren Mitgliedern der Clique sei er immer wieder teils brutal verprügelt worden. Während eines Krankenhausaufenthalts hätten immer wieder Mitglieder seiner Clique nach ihm gefragt. Seine Familie habe gefürchtet, er könne zu viel wissen und Opfer von Rache werden. Die Familie habe darum verbreitet, er sei im Krankenhaus gestorben.

Seit dieser Zeit lebe er nicht mehr in Jena und sei auch nie wieder dorthin zurückgekehrt. Er habe diese Zeit bis heute nicht verarbeitet und sei nach wie vor in Behandlung.

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