„Masterplan Ladeinfrastruktur“ der Bundesregierung Bis 2030 soll es eine Million Ladesäulen für E-Autos geben

Das Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 verfehlt die Regierung krachend. Jetzt will sie mit einem Förderprogramm für Ladesäulen nachhelfen und höhere Prämien zahlen. Die Autoindustrie kam dazu am Abend ins Kanzleramt.

 Elektroautos vom Typ VW ID3 fahren bei einer Präsentation im VW-Werk auf die Bühne.

Elektroautos vom Typ VW ID3 fahren bei einer Präsentation im VW-Werk auf die Bühne.

Foto: dpa/Sebastian Willnow

Bisherige Versuche, die Deutschen von Autos mit alternativen Antrieben zu überzeugen, haben kaum gefruchtet. 220 000 E-Autos sind derzeit auf den Straßen unterwegs, eigentlich waren eine Million im kommenden Jahr das Ziel. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will jetzt mit deutlich mehr Ladesäulen die Akzeptanz erhöhen. Wie aus einem „Masterplan Ladeinfrastruktur“ der Bundesregierung hervorgeht, sollen bis 2030 eine Million Ladesäulen öffentlich zugänglich sein – aktuell sind es nur 21.100.

Das Papier, das auf 14 Seiten diverse Maßnahmen zum Ausbau der Ladeinfrastruktur zusammenfasst, sollte am Montagabend im Kanzleramt beim sogenannten Autogipfel beraten werden. Merkel, mehrere Bundesminister und Ministerpräsidenten sowie Vertreter von Autoherstellern, Zulieferindustrie und Gewerkschaften kamen zusammen, um Wege zu finden, wie die Wende hin zu mehr Mobilität basierend auf Akkus oder Wasserstoffzellen gelingen könnte. Hinter den Anstrengungen steht das Ziel, die Klimaschutzvorgaben 2030 zu erreichen. Weil der Verkehrssektor nach wie vor zu viel Treibhausgase ausstößt, braucht es laut Bundesregierung deutlich mehr E-Autos für den Wandel: Bis 2030 seien sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge nötig, um die international verbindlichen Klimaziele zu erreichen.

Die Bundesregierung will dafür in den kommenden Jahren allein bei der Förderung von Ladesäulen 3,5 Milliarden Euro investieren, wie Merkel am Montag beim Produktionsstart des VW-Elektromodells ID.3 in Zwickau deutlich machte. So soll es künftig mehr Ladepunkte an Kundenparkplätzen etwa an Supermärkten geben, Tankstellen sollen verpflichtet werden, Ladestationen anzubieten. Und auch die Autoindustrie selbst will mehr Ladepunkte auf ihren Betriebsgeländen und im Handel bauen.

Das Problem: Vieles davon ist nicht neu und funktionierte bisher kaum. So gab schon 2016 der damalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) Förderprogramme aus, die nicht zum erhofften Durchbruch führten. „Wir wissen: Wir müssen schneller werden“, sagte Merkel. „Die Genehmigungsprozesse für Ladeinfrastruktur dürfen nicht ein oder zwei Jahre dauern.“ Auch für private Ladestationen müsse man über eine Anschubfinanzierung nachdenken. Wie aus dem „Masterplan“ hervorgeht, soll zusätzlich das Miet- und Eigentumsrecht so verändert werden, dass Nachbarn nicht mehr so leicht gegen das Aufstellen einer Ladesäule klagen können.

Hinzu kommen dem Vernehmen nach noch einmal deutlich höhere Kaufprämien für insgesamt zwei Milliarden Euro bis 2023. Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet, soll die bestehende Prämie um die Hälfte steigen: Für rein elektrische Autos unterhalb eines Listenpreises von 40 000 Euro gäbe es dann künftig 6000 Euro statt 4000 Euro. Für sogenannte Plug-In-Hybride ist die Prämie in dieser Preisklasse bei 4500 Euro vorgesehen, derzeit sind es 3000 Euro. Für Autos mit einem Kaufpreis von mehr als 40 000 Euro soll der Bonus um 25 Prozent auf 5000 beziehungsweise für Plug-In-Hybride auf 4000 Euro klettern. Unklar blieb bis Montagabend aber noch, ob die Autoindustrie sich auch künftig zur Hälfte an der Prämie beteiligen wird.

Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller nannte eine Erhöhung der Prämien lobenswert, machte aber Druck auf die Hersteller: Es dürfe nicht passieren, dass die Autoindustrie damit lediglich ihre Gewinnmargen steigere, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv). „Die Unternehmen müssen deshalb zwingend die Hälfte dieser Prämie übernehmen“, forderte Müller. E-Autos müssten für Verbraucher preislich attraktiv und bezahlbar sein, sagte er.

Bei dem Spitzentreffen sollte es auch um die Zukunft von Jobs in der Autoindustrie gehen. Die Branche befindet sich mitten in einem tiefgreifenden Wandel. Zum einen muss die Industrie Milliarden in neue Technologien wie E-Mobilität investieren, auch um strengere EU-Vorgaben einhalten zu können. Zum anderen ist bei vielen Firmen die Ertragslage wegen des Abschwungs der Automärkte schlechter geworden. Das hat vor allem Zulieferer getroffen, die mit Kurzarbeit und Stellenabbau reagieren.

Bei Volkswagen soll das erste rein elektrische Fahrzeug in Großserie das Massengeschäft mit elektrischen Fahrzeugen etablieren und die Grundlage für weitere Varianten mit alternativem Antrieb werden. „Wir stehen vor einem Systemwechsel zur Elektromobilität“, sagte Vorstandschef Herbert Diess. Vom Sommer 2020 an soll es den ID.3 in ganz Europa zu kaufen geben – rund 35 000 Reservierungen internationaler Kunden liegen nach VW-Angaben bereits vor.

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