Gewalterfahrung Attacken auf Kölner Polizisten haben sich verdoppelt

Köln · Angriffe auf Polizisten nehmen bundesweit zu. Betroffen seien häufig Polizisten mit wenig Berufserfahrung. Von 2012 bis heute haben sich die Angriffe pro Jahr auf rund 2000 verdoppelt.

 Symbolfoto: Die Polizei ist mit allen verfügbaren Einsatzkräften vor Ort.

Symbolfoto: Die Polizei ist mit allen verfügbaren Einsatzkräften vor Ort.

Foto: Benjamin Westhoff

Wenn Martin Lotz morgens ins Kölner Polizeipräsidium (PP) kommt, schaut er sich als erstes das Lagebild an, in dem die jüngsten Gewalttätigkeiten gegen seine Kollegen aufgelistet sind. „Jeden Tag gibt es fünf bis sechs solcher Fälle“, sagt der Leiter der Gefahrenabwehr des PP Köln. Allein am vorigen Wochenende gab es in Köln 17 Fälle von Gewalt und massivsten Beleidigungen gegen Polizeivollzugsbeamte. Betroffen seien häufig Polizisten mit wenig Berufserfahrung. „Und dabei sollen sie möglichst immer ruhig, besonnen und cool bleiben“, sagt Lotz.

Die exklusive Umfrage unserer Redaktion in allen Kreispolizeibehörden des Landes zum ungeschönten Polizeialltag hat für Diskussionsstoff gesorgt. Nun sprechen drei Kölner Polizisten über ihre Gewalterfahrung. Die Angriffe kommen in der Domstadt so häufig vor, dass es eine eigene Abteilung mit fünf Mitarbeitern in der Behörde gibt, die nur diese Straftaten behandeln. Denn seit Jahren nehmen die Fälle besonders in Köln zu. Von 2012 bis heute haben sie sich pro Jahr auf rund 2000 verdoppelt. Einer, der täglich damit konfrontiert wird, ist Polizist Sebastian Hermes. Erst vor wenigen Tagen ist er von einem Drogenabhängigen in die Hand gebissen und leicht verletzt worden – und das bei einer Routinekontrolle. „Es gibt kaum einen Tag, an dem wir bei Personenkontrollen kein Messer sicherstellen“, sagt er. Bei jedem Einsatz müsse man mittlerweile mit Gegenwehr rechnen.

Mario Rehbach war gerade erst zwei Wochen mit seiner Ausbildung fertig, als er mit einem Messer beinahe schwer verletzt worden wäre. „Es war eine Routinekontrolle, und plötzlich zog der Mann eine rostige Klinge aus der Hose und wollte mir damit in den Bauch stechen“, sagt Rehbach. Geistesgegenwärtig gelang es ihm, der Attacke auszuweichen. „Ich habe Wochen gebraucht, um das zu verarbeiten. Anfangs bin ich zitternd zum Dienst erschienen“, sagt er. Wenige Jahre später wurde er bei einer Kontrolle von Wildpinklern so schwer verletzt, dass er sich bis heute körperlich nicht mehr davon erholt hat.

In beiden Fällen sind es Gespräche mit seinen Kollegen, die ihn zumindest mental wieder aufgebaut haben. Seine Kollegin Carina König ist sogar innerhalb des Dienstgebäudes in der Personenaufnahme zweimal brutal attackiert und schwer verletzt worden. Für den Leiter der Kölner Kriminalpolizei, Stephan Becker, ist das eine besorgniserregende Entwicklung, die etwas mit mangelnder Erziehung und Wertevermittlung zu tun habe.

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