Nach der Landtagswahl in Bayern Anton Hofreiter: "Die SPD hat ein Problem"

Berlin · Anton Hofreiter sieht nach der Landtagswahl in Bayern die CSU in der Verantwortung zur Regierungsbildung. Zudem fürchtet der Fraktionsvorsitzende der Grünen, dass Union und SPD in Berlin nun noch nervöser agieren.

Herr Hofreiter, Ministerpräsident Markus Söder hat erkennen lassen, dass er den Freien Wählern für eine Koalition in Bayern den Vorzug vor den Grünen geben würde. Sind Sie enttäuscht?

Hofreiter: Ich freu mich erstmal riesig, über das sensationelle Ergebnis für uns. Hunderttausende Menschen in Bayern haben uns zum ersten Mal ihre Stimme gegeben und damit deutlich gemacht, dass sie eine andere Politik in Bayern wollen.

Sollte es doch zu ernsthaften Koalitionsgesprächen zwischen CSU und Grünen kommen, was bedeutet das für die bisherige Grenzkontroll-Politik der CSU?

Hofreiter: Die Verantwortung zur Regierungsbildung liegt bei der CSU. Sie muss jetzt zeigen, ob sie den Veränderungsauftrag nach dieser Wahl annimmt und sich traut, einen echten Politikwechsel zu vollziehen. Für uns gilt nach der Wahl, was wir vor der Wahl gesagt haben: Mit uns kann man reden über eine menschlichere, ökologischere, sozial gerechtere Politik, aber nicht über eine autoritäre und anti-europäische. Das gilt selbstverständlich auch für den Punkt, den Sie in Ihrer Frage ansprechen.

Die SPD in Bayern ist förmlich pulverisiert worden. Was heißt für die SPD als Volkspartei?

Hofreiter: Die SPD hat ein Problem. Sie hat ihre Rolle in der Gegenwart noch nicht gefunden – weder in Bayern noch im Bund. Ich schätze viele Kollegen in der Sozialdemokratie. Sie werden sich jetzt aber entscheiden müssen, wohin sie wollen, sonst kann die SPD kein glaubwürdiges Profil entwickeln. Das zu analysieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, ist aber Aufgabe der SPD selbst.

Wie wird sich das Ergebnis der Bayern-Wahl auf die Lage der großen Koalition in Berlin auswirken?

Hofreiter: Ich fürchte CDU, CSU und SPD werden jetzt noch nervöser agieren als ohnehin schon. Das verheißt nichts Gutes. Dabei stehen so viele wichtige Aufgaben an: Die Regierung müsste bezahlbaren Wohnraum schaffen, für konsequenten Klimaschutz sorgen und Europa zusammenhalten. Ich mache mir große Sorgen, um die Situation in Großbritannien, wo ein harter Brexit droht mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Europäische Union. Da braucht es eine stabile Regierung, doch wir haben das Gegenteil.

Sind die Grünen auf Neuwahlen im Bund eingestellt und für einen nächsten Anlauf für eine Jamaika-Koalition bereit?

Hofreiter: Ach, ich halte nichts von solchen Spekulationen. Dass die Menschen uns zutrauen, Verantwortung zu übernehmen um eine bessere Politik zu machen, haben die letzten Monate gezeigt, besonders eindrucksvoll gestern die Menschen in Bayern.

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