Kirchentag in Dortmund AfD beim Evangelischen Kirchentag nicht erwünscht

Bonn · In Dortmund beginnt am 19. Juni der Deutsche Evangelische Kirchentag. Auf mehreren Podien wird über das Gefühl gesellschaftlicher Ausgrenzung diskutiert.

Frank-Walter Steinmeier wird kommen. Alle drei lebenden Vorgänger des Bundespräsidenten ebenfalls. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird dabei sein, dazu große Teile ihres Kabinetts. Und Zehntausende Christen wird es ebenfalls nach Dortmund ziehen, wenn dort vom 19. bis 23. Juni unter dem Motto „Was für ein Vertrauen“ der Deutsche Evangelische Kirchentag stattfindet.

Im Vergleich zu früheren Kirchentagen soll Dortmund allerdings eher familiär werden. Denn die Veranstaltung liegt zeitlich genau zwischen dem Reformationsjubiläum 2017 und dem nächsten Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt am Main. Und derzeit sieht es auch nicht danach aus, als würde der diesjährige Kirchentag die in den vergangenen Jahren zum Standard gewordene Marke von 100.000 Dauerteilnehmern schaffen. Denn gerade die Kirchentagsbesucher aus Westfalen und dem Rheinland, die bei auswärtigen Ereignissen in großer Zahl anreisen, haben in Dortmund ein Heimspiel: Viele von ihnen werden wohl zu Hause übernachten und nur als Tagesbesucher in die Ruhrgebietsmetropole kommen. „Wir gehen davon aus, dass in diesem Jahr etwas mehr Tagesgäste und etwas weniger Dauerteilnehmer anwesend sein werden“, sagte Generalsekretärin Julia Helmke.

Zu den wichtigsten Themen des Kirchentags zählt der Vertrauensverlust in der Gesellschaft. Dass sich immer mehr Menschen gesellschaftlich ausgegrenzt fühlen, wird auf zahlreichen Podien diskutiert. 30 Jahre nach dem Mauerfall diskutiert beispielsweise Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) mit dem Meissner Theologen und Bürgerrechtler Frank Richter und dem Dortmunder Oberbürgermeister Ulrich Sierau über die Frage: „Wie gerecht geht es zu in der Republik?“. Der Leiter der Recherchekooperation von „Süddeutscher Zeitung“, NDR und WDR, Georg Mascolo, hält einen Hauptvortrag zum Thema „Vertrauen verdienen“ und beschäftigt sich mit der Situation des Journalismus nach dem Fälschungsfall um den „Spiegel“-Reporter Claas Relotius. Und die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs, der frühere EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider und der Benediktinerpater Anselm Grün diskutieren über „Vertrauen und Vertrauensmissbrauch“ und nehmen dabei besonders den sexuellen Missbrauch in der Kirche in den Blick.

„Beim Kirchentag wird nichts von oben herab verkündet“, sagte Generalsekretärin Helmke. „Die Menschen nehmen teil, partizipieren, wollen ins Gespräch kommen.“ Aber gilt das auch gerade für jene Wutbürger, die sich gesellschaftlich abgehängt fühlen? „Die Menschen, die zum Kirchentag kommen, sind im Schwerpunkt sicher nicht die Abgehängten“, so Helmke. Es kämen eher die, die sich als Teil einer Gemeinschaft fühlen. „Laut Marktforschung geht es allen Teilnehmenden eines Kirchentages darum, Gemeinschaft zu finden und zu erleben.“

Kirchentag bemüht sich um die Konservativen

Doch der Kirchentag will zumindest versuchen, auch mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die bei den vergangenen Wahlen vielleicht ihr Kreuz bei der AfD gemacht haben. So findet in Dortmund erstmals ein so genanntes „Barcamp“ statt. Es ist mit den Worten „Das soll doch noch gesagt werden dürfen!“ überschrieben. „Bürger*innen mit Sorgen treffen auf besorgte Bürger*innen“, heißt es im knapp 600 Seiten starken Programmbuch dazu.

Die AfD ist beim Kirchentag im Unterschied zum Münsteraner Katholikentag übrigens nicht eingeladen. „Das sind Radikalinskis“, sagte Kirchentagspräsident Hans Leyendecker kurz und knapp. Stattdessen bemüht sich der Kirchentag um die Konservativen, die bei früheren Protestantentreffen eher am Rand standen: „Was ist noch konservativ? Was ist schon rechtspopulistisch?“, ist ein Hauptpodium überschrieben, auf dem die Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) und Markus Söder (CSU) mit dem Historiker Andreas Rödder debattieren werden. Rödder trete in einem neuen Buch für eine „offene Gesellschaft“ ein, „die Grenzen zieht, ohne moralisch auszugrenzen“, sagte Leyendecker. „Wir sollten den neuen Konservatismus nicht mit billigem Populismus gleichsetzen.“

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