Gen-Untersuchungen Ärzte begrüßen parlamentarische Debatte über Bluttests

Berlin · Mehr als 100 Abgeordnete wollen, dass das Parlament grundlegend darüber diskutiert, wie weit Gen-Untersuchungen zur Gesundheit ungeborener Kinder gehen sollen. Mediziner unterstützen das.

 Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, spricht beim Ärztetag.

Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, spricht beim Ärztetag.

Foto: Monika Skolimowska

Die Bundesärztekammer begrüßt eine im Bundestag angestrebte Klärung ethischer Fragen bei Bluttests für Schwangere etwa auf ein Down-Syndrom des Kindes.

"Da man mit diesen Tests potenziell ein weites Spektrum an genetischen Erkrankungen abprüfen kann, muss man sich fragen: Was darf man machen, was soll die Kasse bezahlen?", sagte Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery der Deutschen Presse-Agentur. "Da ist für uns eine parlamentarische Debatte ausgesprochen wichtig."

Er sei der Meinung, "dass man jedenfalls bei gravierenden Erkrankungen mit Wissensverboten nicht weiterkommt". Gebraucht werde aber eine gute Aufklärung über die Konsequenzen - über die Folgen einer möglichen Abtreibung genauso wie darüber, was es für Familien bedeute, wenn das Kind geboren werde.

Ähnlich äußerte sich CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. "Je leichter zugänglich und handhabbar ein Test ist, umso niederschwelliger und intensiver muss eine Beratung und Begleitung der Eltern während und nach dem Test sein", sagte sie der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag). "Sonst lassen wir Eltern alleine und setzen falsche politische Signale."

Den Anstoß zu einer Grundsatzdiskussion über solche Tests hatten Parlamentarier von Union, SPD, Grünen, Linken und FDP am Freitag gegeben. Mehr als 100 Abgeordnete unterstützen die Initiative, die auf eine offene Debatte im Bundestag voraussichtlich Anfang kommenden Jahres zielt. Hintergrund ist auch eine Prüfung des Gemeinsamen Bundesausschusses des Gesundheitswesens, in welchen Fällen die gesetzlichen Kassen solche Tests künftig bezahlen könnten.

Montgomery sagte, man werde auf Dauer nicht gänzlich verbieten können, dass es derartige Tests gibt. "Aber wenn es sie gibt, müssen wir parlamentarisch festlegen, inwiefern diese Gesellschaft Wissen beschränken will oder nicht." Eine reine Geschlechtsbestimmung, wegen der in manchen Ländern wie Indien oder China weibliche Ungeborene abgetrieben werden, müsse man per Gesetz grundsätzlich ausschließen. Eine solche Bestimmung könnte nur dann erwogen werden, wenn es um bestimmte Krankheiten gehe, die nur bei Jungen oder nur bei Mädchen auftreten. "Das zeigt, dass diese Fragen wirklich schwierig sind."

Nötig sei auch eine breite gesellschaftliche Debatte, sagte der Ärztepräsident. Einfach nur die Erstattungsfähigkeit durch die Krankenkassen abzulehnen, reiche sicher nicht. "Zumal dann nur diejenigen einen Test vornehmen lassen können, die es sich leisten können." Montgomery betonte zugleich, dass es auch ein "Recht auf Nichtwissen" gebe. "Kein Mensch darf gezwungen werden, diesen Bluttest zu machen. Frauen sollten immer sagen können, dass sie auf den Moment der Geburt warten wollen."

Bei einem Down-Syndrom haben Menschen in jeder Zelle ein Chromosom mehr als andere Menschen. Folgen sind körperliche Auffälligkeiten und eine verlangsamte motorische, geistige und sprachliche Entwicklung. Die Ausprägungen sind aber sehr unterschiedlich.

Seit 2012 werden Schwangeren vorgeburtliche Bluttests angeboten, die unter anderem untersuchen, ob das Kind mit Down-Syndrom auf die Welt kommen würde. Lange hatte sich dies zuvor während der Schwangerschaft nur mit einer riskanteren Fruchtwasseruntersuchung abschätzen lassen.

Die FDP-Gesundheitspolitikerin Katrin Helling-Plahr sagte der dpa, sie halte es für ethisch nicht vertretbar, die Möglichkeit einer risikofreien Diagnose von der finanziellen Lage der Schwangeren abhängig zu machen. Die Bluttests müssten daher bei entsprechender Indikation zur Kassenleistung werden.

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