Treffen von AfD und Muslimen scheitert Abbruch beim ersten Anlauf

BERLIN · Der Zentralrat der Muslime und die Alternative für Deutschland scheitern bei ihrem Dialogversuch.

Um 12.13 Uhr ist das Gespräch, das irgendwie keines war, schon wieder vorbei. Die Vorsitzende der Alternative für Deutschland, Frauke Petry, Vorstandsmitglied Armin-Paul Hampel und AfD-Vize Albrecht Glaser, der wegen einer Zugverspätung erst vier Minuten zuvor den Saal „Taut“ eines Berliner Hotels betreten hatte, erheben sich schon wieder von ihren Stühlen.

Treffen beendet, Verständigung verfehlt, Annäherung misslungen. Das Gespräch, zu dem der Zentralrat der Muslime in Deutschland die islamkritische AfD ganz bewusst am 23. Mai, dem Tag des Grundgesetzes, eingeladen hatte, ist von der AfD abgebrochen worden. Ergebnislos.

Unter der Überschrift „Warum hassen Sie uns?“, hatte der Zentralrat nach den Worten von Petry die AfD-Spitze zum Meinungsaustausch über Werte des Zusammenlebens in Deutschland gebeten. Petry sagt nachher: „Wir hassen niemanden. Wir lieben Deutschland. Wir lieben die demokratische Rechtsordnung.“

Parteivize Glaser, den die AfD als ihren Kandidaten in das Rennen um das Bundespräsidentenamt schicken will, betont aber, dass es sich beim Islam „nicht um eine Religion, sondern um eine Kulturlehre“ handele. Im jüngst beim Parteitag in Stuttgart beschlossenen Programm der AfD findet sich der Satz: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“

Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, sieht durch politische Positionen der AfD den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland gefährdet und erklärt: „Dass eine deutsche Partei in ihrem Programm ganz offiziell Position bezieht gegen eine der Religionsgemeinschaften des Landes, das hat uns mehr als bestürzt.“

Die AfD habe bei dem Gespräch keine Bereitschaft erkennen lassen, ihre „grundgesetzwidrigen Einschränkungen“ wie beispielsweise der Bau von Moscheen ohne Minarette, beim Schächten für Juden und Muslime oder auch ihre Forderung eines Kopftuchverbotes für Frauen zurückzunehmen.

AfD-Vorsitzende Petry wiederum sagt ein Stockwerk tiefer in der Lobby des Hotels, der Zentralrat der Muslime habe die AfD „immer wieder in eine Nähe des Dritten Reiches“ gerückt und sei nicht bereit gewesen, von solchen Äußerungen zu lassen. Dies sei absolut inakzeptabel. Deswegen habe man das Gespräch abgebrochen. „Man hat von uns verlangt, ein demokratisch beschlossenes Parteiprogramm zurückzunehmen“, gibt sich Petry empört. Zudem sei Mazyek nicht bereit gewesen, seinen Vergleich zwischen der AfD und der NSDAP wieder zurückzunehmen.

Mazyek erinnert das AfD-Programm „an die dunkelste Zeit“ in der deutschen Geschichte. Der ZMD-Vorsitzende macht auch deutlich, dass seine Organisation mit Mitgliedern und Anhängern der AfD, die das Grundgesetz achteten, im Gespräch bleiben wolle. Der Zentralrat sieht die „pauschale Diffamierung einer Religionsgemeinschaft durch die AfD als Bruch der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“. So habe man als Vertreter von Muslimen in Deutschland von der AfD-Spitze wissen wollen, ob diese den Schutz der drei Glaubensgemeinschaften von Christen, Juden und Muslimen, der im Grundgesetz verankert sei, durch ihr Handeln in der Lebenspraxis der Menschen beenden wolle.

Die AfD-Spitze keilt nach dem abgebrochen Gespräch zurück: „Der Islam und seine Glaubensvertreter müssen merken, dass ihr Glaube im siebten Jahrhundert steckengeblieben ist.“ Grundlage des Islam sei eben die Scharia und nicht der Koran. AfD-Vize Glaser führt unter anderem eine Auslegung des Islam an, wie sie im Iran gelte. Dort sei beispielsweise die Steinigung von Frauen bei Ehebruch festgelegt, mitnichten eine Rechtsauffassung, wie sie der von Demokratien entspreche.

Sowohl Mazyek wie auch Petry betonen nach dem abrupten Ende ihres versuchten direkten Dialoges aber, dass weitere Gespräche zumindest nicht ausgeschlossen seien. „Wir werden unsere Bemühungen um gesellschaftlichen Frieden verstärken“, so der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland. AfD-Chefin Petry wiederum gibt sich gleichfalls weiter gesprächswillig. Allerdings müsse dies ein Dialog „auf Augenhöhe“ sein. Und es liege nach der Erfahrung dieses ersten Treffens am Zentralrat der Muslime, diese Augenhöhe wieder herzustellen – was die Muslime naturgemäß anders sehen.

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