Baden-Württemberg Zoff in der AfD: Abgeordneter Fiechtner verlässt Partei

Stuttgart · Bereits ihren dritten Abgeordneten verliert die AfD im Stuttgarter Landtag - seit der Wahl im März 2016. Überraschend kommt der Schritt von Heinrich Fiechtner aber nicht. Für ihn galt seit langem ein Redeverbot, weil er nicht auf Parteilinie war.

 Der baden-württembergische AfD-Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner verlässt die Fraktion und die Partei.

Der baden-württembergische AfD-Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner verlässt die Fraktion und die Partei.

Foto: Marijan Murat

Der baden-württembergische AfD-Landtagsabgeordnete Heinrich Fiechtner hat nach monatelangem Streit mit seiner Partei den Austritt aus der Fraktion und der Partei erklärt. "Das Fass ist voll", sagte der 57-Jährige.

Es gebe in der rechtspopulistischen Partei eine für ihn "untragbare Situation". Die AfD verletze immer wieder die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, sagte Fiechtner.

Verärgert ist der Abgeordnete vor allem, weil ihn die Partei mit Redeverbot belegt und aus Landtagsausschüssen abgezogen hatte. Die AfD hatte ihm ein Abweichen von der Parteilinie vorgeworfen. Fiechtner ist seit dem erstmaligen Einzug der AfD in den Landtag im vorigen Jahr bereits der dritte Abgeordnete, der die Fraktion verlässt. Damit sind es nun noch 20 Abgeordnete.

Der Arzt stört sich außerdem am Umgang der Partei mit dem wegen Antisemitismus-Vorwürfen umstrittenen Abgeordneten Wolfgang Gedeon. Zwar hatte Gedeon die Fraktion verlassen müssen. Allerdings fasste die Fraktion in dieser Woche einen Beschluss, nachdem andere Landtagsabgeordnete an Arbeitskreisen der AfD teilnehmen können. Fiechtner kritisiert, dass damit auch Gedeon wieder einen Fuß in die Fraktion bekomme.

Im Dezember 2016 war auch die Abgeordnete Claudia Martin ausgetreten. Sie hatte Fraktionschef Jörg Meuthen, der auch die Bundespartei führt, einen Rechtsruck vorgeworfen. Sie war in die CDU eingetreten und wartet nun auf Aufnahme in die Fraktion. Auch Fiechtner hatte Meuthen rechte Tendenzen vorgeworfen.

AfD-Chef Meuthen bezeichnete den Austritt Fiechtners als "konsequent und überfällig". Er habe seit langer Zeit nur noch destruktiv gewirkt. "Das war eine Quälerei, die nun ein Ende findet", sagte Meuthen der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Für die Landtagsfraktion sei die Zusammenarbeit mit Fiechtner seit einem Jahr zu einer einzigen Zumutung geworden. Grundsätzlich sei es aber nicht ungewöhnlich, wenn eine junge Partei mit einer jungen Fraktion Mitglieder durch Austritt verliere. Fiechtners Weggang könne die Zusammenarbeit innerhalb der Fraktion erleichtern, meinte Meuthen, der bis Ende November noch Landtagsfraktionschef ist und das Amt dann an seinen Nachfolger Bernd Gögel übergeben will.

Der Abgeordnete Fiechtner wirft Gögel eine untragbare Nähe zum Abgeordneten Gedeon vor. Fiechtner hatte sich zuletzt auch um den Fraktionsvorsitz beworben, war aber krachend gescheitert. "Ich habe keine Lust mehr, mich für eine Partei hinzustellen, deren Inhalte ich nicht mehr mittragen kann. Für mich ist die Schwelle der Leidensfähigkeit überschritten - und ich besitze eine hohe Leidensfähigkeit", sagte Fiechtner der "Südwest Presse" (Samstag). Über den Austritt hatten auch der Südwestrundfunk (SWR) und die Online-Ausgabe der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet.

Der designierte Fraktionschef Gögel meinte im SWR: "Ich bedauere den Schritt, auch wenn man nicht immer einer Meinung ist. Er wird uns fehlen." Fiechtners Vorwürfe gegen ihn betrachte er als Vorverurteilung. Gögel hatte zuletzt die Hoffnung geäußert, mit Fiechtner zusammenarbeiten zu können.

Der Verfassungsgerichtshof hatte das Vorgehen der Partei gegen Fiechtner am 27. Oktober für unzulässig erklärt und die Rechte des Abgeordneten gestärkt. Trotz seines Sieges vor Gericht erhielt Fiechtner bislang kein Rederecht. Auch sein Ausschluss aus dem Innenausschuss und dem Ausschuss zum rechtsterroristischen "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) blieb in Kraft. Deshalb wirft Fiechtner der Partei vor, die Rechtsstaatlichkeit zu verletzen. Die Fraktion hatte auch ein Ausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet. Dies lag zuletzt aber auf Eis.

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