OECD-Studie Soziale Herkunft entscheidet über Bildung

Berlin · Die OECD-Studie sieht weiter Ungerechtigkeiten im Bildungssystem. Die Autoren kritisieren vor allem, dass benachteiligte und weniger benachteiligte Schüler oft nicht gemeinsam lernen.

 Die Studie kritisiert, dass es schon in der Schule oft nicht zum gemeinsamen Lernen von benachteiligten und weniger benachteiligten Kindern komme.

Die Studie kritisiert, dass es schon in der Schule oft nicht zum gemeinsamen Lernen von benachteiligten und weniger benachteiligten Kindern komme.

Foto: picture alliance / dpa

Die meisten Studierenden an deutschen Hochschulen kommen aus Akademikerhaushalten. Und auch in Kitas und Schulen sind die Unterschiede bei der Bildungsqualität stark abhängig davon, wie das soziale Gefüge im jeweiligen Einzugsgebiet ist. Das sind Erkenntnisse aus einer neuen Analyse jüngster Pisa-Daten, die am Dienstag von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vorgestellt wurde. Ein Fokus der Studie: Wie gerecht die Chancen auf gute Bildung im Land verteilt sind.

Demnach erreichen in Deutschland nur knapp 15 Prozent der Erwachsenen mit Eltern ohne Abitur ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Im Durchschnitt der meisten OECD-Länder sind es immerhin 21 Prozent. Fast jeder Vierte schafft in Deutschland allerdings einen höheren Bildungsabschluss als die Eltern. Besonders wichtig ist das, weil die Abschlüsse über die Berufschancen entscheiden: Bei den Hochschulabsolventen liegt die Arbeitslosenquote nur bei etwa der Hälfte der ohnehin vergleichsweise geringen Quote in Deutschland.

Holter will Ganztagsangebot ausbauen

Die Autoren der Studie kritisieren, dass es schon in der Schule oft nicht zum gemeinsamen Lernen von benachteiligten und weniger benachteiligten jungen Leuten komme. So zeigt der Bericht, dass 46 Prozent der Schüler mit sozialer und ökonomischer Benachteiligung Schulen besuchen, die viele benachteiligte Schüler versammeln. Im OECD-Schnitt sind es allerdings sogar noch etwas mehr (48 Prozent).

Die Experten warnen davor, dass durch steigende Immobilienpreise viele Quartiere künftig nicht mehr so vielfältig sein könnten wie bisher. Die Sorge: Kinder aus Akademikerhaushalten und solche aus anderen Familien bleiben zunehmend unter sich.

Verbesserungen konnte die OECD hingegen bei den Leistungen in Abhängigkeit vom sozioökonomischen Status erkennen, sowohl beim Lesen als auch in Mathe oder den Naturwissenschaften. Zwar liegen Schüler aus sozial schwächeren Familien laut jüngstem Pisa-Test in den Naturwissenschaften im Schnitt so stark hinter den privilegierten Kindern, dass der Leistungsunterschied dem Lernstand von drei Schuljahren entspricht. Die Entwicklung ist aber leicht rückläufig.

Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Helmut Holter (Linke), sieht in den Ergebnissen des jüngsten OECD-Bildungsberichts zur Chancengleichheit eine Unterstützung für den Ganztagsausbau in Deutschland. „Die Studie bestätigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagte Holter unserer Redaktion. Bildungserfolg dürfe nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. „Deswegen hat der Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für die Länder höchste Priorität“, sagte Holter und verwies auf einen Rechtsanspruch auf ein Ganztagsangebot bis zum Jahr 2025. „Ganztagsschulen bieten das Potential, Schülerinnen und Schüler über die reguläre Unterrichtszeit hinaus individualisiert zu fördern“, sagte Thüringens Bildungsminister. Bund und Länder seien über die konkrete Ausgestaltung dieses Rechtsanspruchs miteinander im Gespräch. „Allerdings muss aus Ländersicht auch die Beteiligung des Bundes an den laufenden Kosten eines solchen Vorhabens geklärt werden“, forderte Holter.

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