Bundestagswahl 2017 So kämpfen die Parteien um Stimmen

Berlin · Mit diesen Wahlkampfkampagnen buhlen die Parteien um die Gunst der Wähler. Ein Überblick über die Strategien und die Budgets.

 Die Spitzenkandidaten von Bündnis 90/Die Grünen für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir.

Die Spitzenkandidaten von Bündnis 90/Die Grünen für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir.

Foto: dpa

Bei den Parteien laufen die letzten Vorbereitungen für den heißen Wahlkampf. Während die CDU 20 Millionen Euro für Plakate und Co. ausgeben kann, muss die FDP mit fünf Millionen auskommen. Stefan Schmidt von der Berliner Werbeagentur dieckertschmidt bezeichnet die Strategien 2017 als „klassisch“. Aus seiner Sicht sticht bisher allein die FDP als kreativ hervor. „Sie lässt Plattitüden weg und bringt mit klaren Worten und Witz ihre Ideen rüber.“ Die bisherige Kampagne der CDU nennt der Werber dagegen ein „Trauerspiel“. „Es sind Plakate ohne Botschaft. Es ist die Plakat gewordene Reaktion, die jeglichen Wandel ablehnt.“ Aus seiner Erfahrung weiß er, dass „starke Marken immer einen klaren Standpunkt brauchen“. Union und SPD versuchten, „alle irgendwie glücklich zu machen“. Damit könnte man auch Wähler verprellen. So unterschiedlich sind die Kampagnen der Parteien 2017:

CDU:In diesem Wahlkampf will sich die Partei breiter aufstellen, mehr Inhalte nach vorn stellen. Viele CDU-Wahlkampfstrategen gehen davon aus, dass sich der Wahlkampf an den Themen innere und äußere Sicherheit entscheidet. Nach den Erfolgen bei den Landtagswahlen setzt die CDU auch wieder auf den Haustürwahlkampf. Mit einer eigenen Software ermittelt die Partei, wo sich die Besuche lohnen. Engagiert haben die Christdemokraten die Werbeagentur Jung von Matt, die den Wahlkampf auch mit mutigen Ideen befeuern soll. So verpackten die Werber den braven 80er Jahre Wahlspruch „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ in das Schlagwort (Hashtag) „fedidwgugl“. Der Hashtag erreichte viele – wegen des Spotts, den er bekam. Die Plakate, auf denen die Farben Schwarz-Rot-Gold kreuz und quer laufen, bekommen eher positiven Zuspruch.

CSU: Volksnähe und Folklore gehören zu CSU-Wahlkämpfen. An diesem Wochenende will die CSU in München ihren eigenen Bayernplan vorstellen. Weiß auf blauem Grund fordern die Christsozialen, was die CDU nicht mitmacht: eine Obergrenze für Flüchtlinge, Volksentscheide und eine höhere Mütterrente. Die Werbeagentur Saint Elmo's trimmt die Partei auf eine kurze und klare Sprache. Schon vor vier Jahren lag das Wahlkampfbudget der CSU nach unbestätigten Angaben bei 9,5 Millionen Euro. Aktuell macht die CSU keine Angaben zum Budget. Auch die Kanzlerin soll den CSU-Wahlkampf befeuern. Von rund 50 geplanten Wahlkampfauftritten der Kanzlerin bundesweit sollen neun in Bayern stattfinden.

SPD: Schon im vergangenen Herbst traf die SPD die Entscheidung, die Werbeagentur KNSK für ihren Bundestagswahlkampf zu engagieren. Die Werber hatten auch den Europa-Wahlkampf von Martin Schulz begleitet. Die vielen Parteihelfer haben im Willy-Brandt-Haus schon seit Wochen die Kampa bezogen, wie die SPD-Wahlkampfzentrale seit 1998 heißt. Mit Tobias Nehren haben die Sozialdemokraten einen eigenen Kopf für die Digitalkampagne, die auch aktuelle Trends im Netz aufgreifen soll. Vom Typ beherrscht Kanzlerkandidat Schulz besonders den klassischen Wahlkampf. Ab Mitte August werde es Kundgebungen überall in der Republik geben, heißt es. Die Sozialdemokraten setzen auch auf große TV-Auftritte. Dass es nur ein Kanzlerduell am 3. September gibt, bedauern sie. Ähnlich wie bei der CDU plant auch die SPD Haustürwahlkampf in großem Stil. Eine eigene Tür-zu-Tür-App verrät den Wahlkämpfern, wo sie klingeln sollten. Zu ihrem Wahlkampfbudget macht die SPD keine Angaben. 2013 wurde es auf 23 Millionen Euro beziffert.

Grüne:„Umwelt ist nicht alles. Aber ohne Umwelt ist alles nichts.“ So lautet der zentrale Slogan der Grünen. Die Öko-Partei stellt ihre ureigenen Themen Umwelt- und Klimaschutz in den Mittelpunkt. Für die Plakate hat sie neben Grün die Farbe Magenta gewählt. Die Kampagne entwickelt hat eine Gruppe von erfahrenen Werbern, die sich nur für diesen Grünen-Wahlkampf zu der Agentur „Ziemlich beste Antworten“ zusammengeschlossen haben. „Wir sind deren einzige Kunden“, sagt Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. Es gehe um größtmögliche Sichtbarkeit vor allem auch auf dem Land. Deshalb verdreifacht man auch im Vergleich zu 2013 die Zahl der großflächigen Plakate auf gut 5000. Im Schlussspurt würden die Grünen besonders stark in den digitalen Wahlkampf einsteigen. Von den 5,5 Millionen Euro Wahlkampfbudget seien allein zwei Millionen für Medien verplant.

Die Linke: Wahlkampfleiter Matthias Höhn setzt auf eine Kampagne, die „frisch“ sein soll. Gemeinsam mit der Leitagentur DiG Trialon hat Höhn einen Wahlkampf geplant, mit dem die Linke hofft, Platz drei im Parteiensystem zu verteidigen. Mit 6,5 Millionen Euro Wahlkampfetat (2013: sechs Millionen Euro) wirbt die Linke auf bundesweit 400.000 Plakaten für ihre Themen: Kinderarmut, gute Löhne, Frieden, Renten, Pflege und Gesundheit, bezahlbare Mieten, gegen Hetze von Rechts sowie für eine Millionärssteuer. „Keine Lust auf Weiterso – Die Linke“, heißt es auf dem ersten Großplakat, das Höhn und Spitzenkandidat Dietmar Bartsch am Freitag enthüllten. Mit schwarzen Balken durchgestrichen sind auf darauf die Vokabeln „Keine“ und „Weiterso“, bleibt: „Lust auf – Die Linke“.

FDP: Die Freien Demokraten haben ihren Vorsitzenden Christian Lindner ins Zentrum ihres Wahlkampfs gerückt. Damit hatten sie schon in Nordrhein-Westfalen Erfolg. Seit die Werbeagentur Heimat für die Liberalen arbeitet, ist die Partei wieder auf Erfolgskurs. Fünf Millionen Euro haben sie für ihre Kampagne. 27 hauptamtliche Mitarbeiter und zehn Freiwillige helfen im Wahlkampf. Die Plakate haben bereits für Aufsehen gesorgt: „Denken wir neu.“ steht darauf, im Hintergrund klein gedruckt das gesamte Programm der FDP. Die Partei präsentiert sich smart als digitale Avantgarde. Eine hohe Einschaltquote hat bereits ein Werbefilm, in dem Lindner vergeblich versucht, ein digitales Spracherkennungssystem deutsche Gesetze erklären zu lassen.

AfD:Die Partei zieht nach einer Auseinandersetzung im Bundesvorstand mit unterschiedlichen Plakatreihen in den Wahlkampf. Die Kampagne unter der Überschrift „Trau Dich Deutschland!“ war bei der Bundesvorsitzenden Alice Weidel auf Kritik gestoßen, weil sie als zu hart empfunden wurde. Die Plakate, die nun favorisiert werden, zeigen etwa eine Familie im Sonnenuntergang am Strand mit dem Spruch „Traditionell? Uns gefällt's.“ Oder drei Frauen im Bikini am Strand mit der Frage „Burka? Wir stehen auf Bikinis.“ Die Partei will „netter, sympathischer, menschlicher, weiblicher, aber nicht weicher“ wirken.

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