Burgfrieden bei der CSU Seehofer und Söder stehen beim Parteitag im Mittelpunkt

Nürnberg · Die CSU ist eine Partei, die vor allem nach innen Harmonie und nach außen Geschlossenheit mag. Beides hat der Dauerzoff zwischen Seehofer und Söder vor allem in der jüngsten Vergangenheit empfindlich gestört. Aber jetzt wollen Seehofer und Söder ihre Partei wieder versöhnen.

Anderer Ort, andere Zeit, andere Vorzeichen. Rückblende: November 2015, München. CSU-Chef Horst Seehofer demütigt die CDU-Vorsitzende Angela Merkel über Minuten auf offener Bühne nach deren Rede an den CSU-Parteitag in München. 2016 kam Merkel dann erst einmal nicht. Dezember 2017, Nürnberg. Wieder tagt ein CSU-Parteitag, Angela Merkel ist nun wieder da und spricht an diesem Freitag. Gemeinsam mit Seehofer hat die CDU-Chefin versucht, eine Jamaika-Koalition im Bund auf die Beine zu stellen. Es hat nicht geklappt.

Seehofer wie Merkel sind beide als Vorsitzende angezählt. Schwere Verluste von CDU und CSU bei der Bundestagswahl, Jamaika geplatzt, eine GroKo mit der SPD unsicher. Und jetzt der CSU-Parteitag in Nürnberg. Es läuft: ein melodramatisches Volksstück über den Machtkampf in Bayern. Es läuft: ein öffentlicher Gütetermin vor dem CSU-Familiengericht.

Wenn sich die rund 1000 Delegierten des CSU-Parteitages am Freitag und Samstag in der Nürnberger Messe versammeln, können sie Zeugen einer Aufführung über den brüchigen Burgfrieden werden. Gerade noch rechtzeitig vor dem Parteitag haben Horst Seehofer und Markus Söder ihren erbitterten und jahrelangen Kampf um die Vormachtstellung in der bayerischen Politik ruhen lassen. Beigelegt ist der Streit damit nicht, erledigt sowieso nicht. Söder mag daraus als Sieger einer wichtigen Etappe hervorgegangen sein. Gewonnen hat der überehrgeizige Landesfinanzminister , der seinen Weg an die Spitze des Freistaates mit einiger Brutalität betrieben hat, deswegen noch lange nicht.

Mit einem Parteitag der Einigkeit wollen der bayerische Ministerpräsident und sein wahrscheinlicher Nachfolger in das für die CSU so eminent wichtige 2018 aufbrechen, in dem im September der bayerische Landtag neu gewählt wird. Für die CSU steht nichts weniger als die über Jahrzehnte als selbstverständlich angenommene absolute Mehrheit auf dem Spiel, die Seehofer bei der Landtagswahl 2013 zurückerobert hat. Damals strahlte sein Stern noch hell. Seinem allzu umtriebigen Finanzminister konnte er da vor versammelter Korrespondentenschar noch ungeniert „Schmutzeleien“ und andere Charaktermängel unterstellen.

Doch der Wind hat sich gedreht. Die Jamaika-Sondierungen sind mit dem hasenfüßigen Ausstieg der FDP Mitte November geplatzt. Seehofer ist auch wegen dieses Misserfolges auch in München in Bedrängnis. Söder, der von Seehofer nicht für das CSU-Sondierungsteam in Berlin nominiert worden war, steht an dieser Stelle ohne Kratzer da. Jetzt kann sich der gebürtige Nürnberger Söder auf sein Heimspiel freuen. Seehofer wiederum, der Parteichef bleiben will, muss nun zusehen, gemeinsam mit CDU-Chefin Merkel eine ebenso störrische wie verunsicherte SPD ins Koalitionsboot zu holen.

Seehofers Statthalter in Berlin, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, sieht für den Fall, dass auch diese Sondierungen oder Koalitionsverhandlungen platzen sollten, die letzte Karte vor Neuwahlen wahrlich nicht als Trumpf: „Die Minderheitsregierung hat einen ganz erheblichen Nachteil – nämlich, dass die Opposition die Mehrheit hat.“

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