Diskussion in Bonn Olympia in NRW könnte hilfreich für Verkehr sein

Bonn · Ex-Sportfunktionär Vesper, Manager Mronz und Verkehrsminister Wüst betonen die Chancen einer Bewerbung für die Spiele 2032 für die Verkehrsinfrastruktur in der Region.

 Alltag auf den Autobahnen in Nordrhein-Westfalen. Ein Stau auf der A 4 auf dem südlichen Teil des Kölner Rings. FOTO: DPA

Alltag auf den Autobahnen in Nordrhein-Westfalen. Ein Stau auf der A 4 auf dem südlichen Teil des Kölner Rings. FOTO: DPA

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Die Männer auf dem Podium hatten unter sich und mit dem Publikum schon 82 Minuten lang über die Frage diskutiert „Vision Rhein Ruhr City 2032 – wie wird NRWs Verkehrssystem fit für Olympia?“ Da meldete sich ein älterer Herr zu Wort – Wolfgang Clement, inzwischen 78 Jahre alt, Ministerpräsident von 1998 bis 2002 und einer der Initiatoren der Olympiabewerbung Düsseldorf Rhein-Ruhr 2012.

Wer Olympia nach Nordrhein-Westfalen holen wolle, müsse die Menschen davon überzeugen, dass dies im Interesse des Gemeinwohls sei, sagte Clement und wurde deutlich. Dieses Gemeinwohl-Interesse sei vor allem im Rhein-Ruhr-Raum „am meisten gefährdet durch den absolut mangelhaften und katastrophalen Nahverkehr“. Er könne das beurteilen, denn er sei oft bis ins tiefste Ruhrgebiet unterwegs. „Es gibt keine Region in Europa, die so schlecht ausgestattet ist“, so Clement.

Dann fügte er unter dem Lachen vieler der rund 100 Besucher in der Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik (Bapp) selbstkritisch hinzu, natürlich sei auch er mitverantwortlich dafür. Schließlich war Clement von 1995 bis 1998 Verkehrsminister.

Doch was er Hendrik Wüst, einem seiner Nachfolger in diesem Amt, auf den Weg nach Düsseldorf mitgeben wollte, war: NRW dürfe nicht nur auf Elektro- und Wasserstoff-Autos oder andere neue Technologien im Verkehrssektor setzen, sondern „mit ganz profanen Mitteln“ den Nahverkehr verbessern. Sonst würden die Bürger nicht akzeptieren, dass man sich um Olympia bewerbe. Viel zustimmendes Kopfnicken im Saal.

Langsamer ohne Olympia

Zuvor hatten Verkehrsminister Wüst, der Sportmanager und Gründer der Olympia-Initiative, Michael Mronz, und der frühere Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbundes, Michael Vesper, betont, dass mit Olympischen und Paralympischen Spielen an Rhein und Ruhr die ganze Region einen Innovationsschub erlebe. Es könnten auch Projekte realisiert werden, die ohne Olympia nur sehr viel langsamer auf den Weg gebracht würden.

Als Beispiel nannte Wüst den RRX, den Rhein-Ruhr-Express, der auf einem eigenen Gleis im 15-Minuten-Takt von Köln nach Dortmund fahren soll. Seit 20 Jahren werde er geplant, doch wann er fahre, sei völlig ungewiss. Olympia biete da eine Chance, die Planung zu beschleunigen, meinte der Jurist. Normalerweise gebe es bei solchen Projekten drei Klage-Instanzen – Verwaltungsgericht, Oberverwaltungsgericht und Bundesverwaltungsgericht. Vielleicht, so Wüst, gebe es ja im Blick auf ein solch großes Ereignis wie Olympia die Möglichkeit, dass der Rechtsweg auf eine Klagemöglichkeit beschränkt werde. „Und der RRX fährt vielleicht schon 2030.“

Auch bei wichtigen Verkehrsprojekten wie dem Neubau der Rheinbrücken Leverkusen und Neuenkamp sei der Klageweg verkürzt worden. Der ehemalige Sportfunktionär Vesper sprach mit Blick auf Olympia von einem „riesigen Konjunkturprogramm“. Er erinnerte an den Bau der Münchner U-Bahn für die Spiele 1972. „Die wäre auch so gekommen, nur 10 oder 20 Jahre später.“ Er wehre sich gegen das Argument, man müsse erst Schwimmbäder sanieren, bevor man an Olympische Spiele denken dürfe.

Vesper: Verkehr bricht nicht zusammen

Das Gegenteil sei der Fall. Die Wahrscheinlichkeit sei höher, dass saniert werde, wenn Olympia vor der Tür stehe, „denn dann kann man Sportstätten nicht einfach vergammeln lassen“, meinte Vesper, der von 1995 bis 2005 auch Sportminister in NRW war.

Er wollte auch die vielerorts geäußerte Befürchtung nicht stehen lassen, dass der Verkehr in Nordrhein-Westfalen bei einem Großereignis wie Olympia zusammenbreche. Seine Erfahrung von mehreren Spielen, bei denen er Teil der deutschen Mannschaft war, sei: „Es gab weniger Staus als im Normalverkehr, selbst in Peking.“ Weil sich die Menschen auf die Ausnahmesituation eingestellt hätten.

Die Regel für die Menschen in Nordrhein-Westfalen sind aber erst einmal Staus auf Autobahnen und anderen Straßen sowie oft zu spät oder gar nicht kommende Busse und Bahnen. Dagegen würden Bund und Land in NRW etwas tun und zwar mit einem Rekord-Investitionsprogramm von 40 bis 60 Milliarden Euro bis 2032/2035, sagte Wüst.

Er betreibe eine „kluge und vorausschauende Verkehrspolitik“, zumal man auch mit intelligenten Verkehrssystemen arbeiten wolle. Wolfgang Clement, das dürfte gewiss sein, wird Wüst an seinen Worten messen – wenn er wie so oft mit dem Nahverkehr unterwegs ist.

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