Bundeswehr unter Druck Frühe Hinweise auf Franco A. nicht beachtet?

Berlin · Wieso blieb das extreme Gedankengut des Offiziers Franco A. so lange geheim? Der Fall bringt die Bundeswehr in Erklärungsnot. Die Ministerin wirft nicht nur den direkten Vorgesetzten Versagen vor.

 Nach "Spiegel"-Informationen hatte die Bundeswehr entgegen bisheriger Angaben schon länger Hinweise auf fremdenfeindliche Einstellungen des Oberleutnants. Illustration: Stefan Sauer

Nach "Spiegel"-Informationen hatte die Bundeswehr entgegen bisheriger Angaben schon länger Hinweise auf fremdenfeindliche Einstellungen des Oberleutnants. Illustration: Stefan Sauer

Foto: Stefan Sauer

Verteidigungsministern Ursula von der Leyen sieht "falsch verstandenen Korpsgeist" als Ursache für die späte Enttarnung des unter Terrorverdacht stehenden Bundeswehrsoldaten Franco A. Das rechtsextreme Gedankengut des Offiziers sei den damaligen Vorgesetzten bekannt gewesen.

Seine Masterarbeit von 2014 habe "ganz klar völkisches, dumpfes Gedankengut", sagte die CDU-Politikerin in der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Die Vorgesetzten des Soldaten hätten ihre Verantwortung nicht wahrgenommen und die Haltung des Soldaten "aus falsch verstandenem Korpsgeist schöngeredet".

Der Fall bringt die Streitkräfte zunehmend in Erklärungsnot. Nach einem "Spiegel"-Bericht hatte die Bundeswehr entgegen bisheriger Angaben schon länger Hinweise auf fremdenfeindliche Einstellungen des bei der Deutsch-Französischen Brigade im elsässischen Illkirch stationierten Oberleutnants. Er sei bereits 2014 während seines Studiums an der französischen Elitehochschule Saint-Cyr mit rechtem Gedankengut aufgefallen. Von der Leyen ließ offen, ob und welche Konsequenzen der Vorfall innerhalb der Bundeswehr haben wird.

Der 28-Jährige, der sich eine doppelte Identität als angeblicher syrischer Flüchtling zugelegt hatte, wird verdächtigt, einen Terroranschlag geplant zu haben. Dabei sollte seine Tarnung als anerkannter Flüchtling womöglich eine falsche Fährte legen. Nach offiziell nicht bestätigten Medienberichten führte der Verdächtige eine Liste mit möglichen Anschlagsopfern. So twitterte die Berliner Linken-Abgeordnete Anne Helm, sie sei vom Landeskriminalamt informiert worden, dass ihr Name auf der Liste des "mutmaßlichen Rechtsterroristen" stehe.

Aus Sicht von der Leyens weist der Fall Franco A. das gleiche Muster auf wie die Vorfälle sexualisierter Herabwürdigung in Pfullendorf sowie übelster Schikane in Sondershausen. "Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem und sie hat offensichtlich eine Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen", sagte die CDU-Politikerin.

Von der Leyen sagte, dass ihr Ministerium am Freitag von dem Fall erfahren habe. Nach Angaben des "Spiegels" hatte ein Wissenschaftler der Bundeswehr die Arbeit ebenfalls gelesen und sei zu dem Fazit gelangt, der Text enthalte eindeutig "völkisches Denken". Trotzdem sei dem Verdacht damals nicht weiter nachgegangen worden, weil sich Franco A. gegenüber seinem deutschen Vorgesetzten von der Arbeit distanziert und angegeben habe, das Papier unter Zeitdruck geschrieben zu haben.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) versprach eine strenge Untersuchung zur Frage, wieso der deutsche Soldat als Flüchtling aus Syrien registriert wurde. "Zur lückenlosen Aufklärung des Falls habe ich eine Untersuchungsgruppe im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingerichtet, die sehr rasch Ergebnisse vorlegen soll", teilte er am Samstag mit. Bereits am Freitag hatte die Bundesregierung Fehler eingeräumt.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gewährte dem Oberleutnant nach einer Anhörung auf Französisch Ende 2016 eingeschränkten Schutz als syrischen Kriegsflüchtling. Die "Nürnberger Nachrichten" berichteten unter Berufung auf das Anhörungsprotokoll, die Asylakte weise zahlreiche Mängel und Ungereimtheiten auf.

Franco A. war erst Anfang Februar in Österreich aufgefallen, weil er auf dem Flughafen Wien eine Pistole in einer Toilette versteckt hatte. Nach Informationen des "Spiegels" soll es sich dabei um ein gut 70 Jahre altes Modell aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs handeln. Die Staatsanwaltschaft in Frankfurt geht davon aus, dass mit der Waffe eine schwere staatsgefährdende Straftat geplant war. Zu möglichen Anschlagszielen äußerten sich die Ermittler bisher nicht.

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