Kommentar zu Unterbeschäftigung bei der Bundeswehr Führungsversagen

Meinung | Berlin · Beamte bei der Bundeswehr langweilen sich teilweise so sehr, dass sie freiwillig in den Auslandseinsatz gehen, nur um der Beschäftigungslosigkeit zu entgehen. Von einer Bundeswehr als modernem Arbeitgeber zeugt das nicht, findet unser Autor.

 In der Bundeswehr herrscht ein Problem mit Beschäftigungslosigkeit.

In der Bundeswehr herrscht ein Problem mit Beschäftigungslosigkeit.

Foto: picture alliance / dpa

Beamte der Bundeswehr, im Dienst auf Beschäftigung Null gestellt. Keine Minute Arbeit, nur Zeit absitzen, obwohl sie um Beschäftigung, ihrer Qualifikation entsprechend, bitten. Kann das sein? Es muss etwas richtig faul im Staate sein, wenn technische Beamte der Bundeswehr in eigenen Stellenanzeigen um Aufgaben nachfragen – oder sich in Auslandseinsätze als Soldaten flüchten , um der eigenen Beschäftigungslosigkeit bei voller Bezahlung zu entgehen.

Es muss auch schlimm stehen um die Führungs- und Arbeitskultur im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr in Koblenz, wenn Bedienstete einen solchen Notruf absetzen: Bitte, gebt mir Arbeit – oder holt mich hier raus! Beamte mit ihrem von diversen Lobbys immer wieder strapazierten besonderen Treueverhältnis zu ihrem Arbeitgeber – in diesem Fall dem Bund – ziehen die Reißleine.

Das Bundesministerium der Verteidigung wie auch das ihm nachgeordnete Rüstungsamt in Koblenz verweisen dagegen darauf, die Behörde sei unterbesetzt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten in den vergangenen Jahren „Enormes“ geleistet. Mehr noch: Dem Rüstungsamt fehlten 1 000 Dienstposten.

Spätestens hier müsste Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf den Plan treten. Denn: Irgendjemand muss für dieses krasse Missverhältnis von Beschäftigung Null im Dienst bei zugleich behaupteter oder tatsächlicher Überlastung in anderen Abteilungen der Koblenzer Bundesbehörde verantwortlich sein? Führung kommt führen, lenken, leiten, organisieren. Oder es ist Irreführung.

In Unternehmen der freien Wirtschaft, wo Mitarbeiter bei häufig mieser Bezahlung und horrenden Überstunden um ihre Jobs kämpfen müssen, würde an dieser Stelle die Führung ausgewechselt. Miserables Management. Aber hier: Macht ja nix, das Geld kommt sicher vom Steuerzahler. Natürlich ist die Bundeswehr eine Großorganisation. Und wie in jedem Großunternehmen gibt es auch hier Fleißige, Engagierte, Motivierte, Mitläufer, Brückentage-Experten, Frustrierte.

Die große Mehrheit der Bediensteten im Rüstungsamt wird mindestens ordentlich ihrer Arbeit nachgehen, manche auch bis zur Grenze ihrer Belastbarkeit. Doch die aufgezeigten Fälle belegen auch: Acht Stunden Arbeitszeit bedeuten nicht zwangsläufig acht Stunden Arbeit. Dass sie aber ein Arbeitsergebnis Null bringen, und sei es aus organisierter Gleichgültigkeit, ist ein Skandal.

Das Bundesamt in Koblenz genießt wegen der ihm oft nachgesagten Nähe zur Rüstungsindustrie und den dort abgeschlossenen Knebelverträgen bei Rüstungsgroßprojekten zu Lasten der Steuerzahlen ohnehin einen durchwachsenen Ruf. Koblenz ist kein Beleg für den modernen Arbeitgeber, den von der Leyen aus der Bundeswehr machen will. Es ist ein Beleg für Führungsversagen.

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