Kommentar zum Frauengipfel der G20-Nationen Druck zeigt bei Frauenförderung Wirkung

Meinung | Bonn · Dass der Status von Frauen weltweit hinter dem zurückbleibt, der er sein sollte, ist keine Frage ihres Könnens, sondern Ergebnis feiner Ausreden und unbewusster Mechanismen. (Erzwungene) Frauenförderung verändert die Welt.

Berlin und Brüssel machen Druck – und jetzt auch noch ein Gipfel im G20-Format, um Frauen im Beruf zu stärken? Das muss so sein, leider – und Frauen, die schon seit der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder auf frischen Wind hoffen, sind erst recht müde, das Offensichtliche betonen zu müssen. Doch die Daten zu den Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen im Job müssen (immer wieder) auf den Tisch, um ein Bewusstsein für Unwuchten zu schaffen, um Handeln einzufordern.

Es sind alte Erkenntnisse, dass Frauen produktiv und belastbar sind, ohne dass es sich angemessen in Laufbahnen, Einkommen oder Lebenschancen auszahlen würde. In Zweit- und Drittweltländern gehören Entwicklungsprojekte, bei denen Kleinstkredite an Frauen gegeben werden, zu den erfolgreichsten überhaupt – weil Bäuerinnen, Gemüsezüchterinnen oder Teestubenbesitzerinnen geschickt haushalten, Guthaben mehren und so ihre gesamte Familie aus der Armut heben. An ihrer Rolle in der Gesellschaft ändert das freilich nichts.

In der ersten Welt studieren Frauen schneller, haben die besseren Noten – und doch oft geringere Karrierechancen als schlechter qualifizierte Männer. Der Frauenanteil im Management bleibt mickrig, die Wirtschaftswelt eine beharrliche Männer-Monokultur. Führungskräfte suchen sich gern Nachfolger, die ihr jüngeres Spiegelbild sind. So setzen sich die Vorstände der Dax-Unternehmen zu 93 Prozent aus Männern zusammen, die sich in Alter, Herkunft und Ausbildung gleichen. Unter ihnen gibt es mehr Männer, die Michael oder Thomas heißen, als es insgesamt Frauen gibt. Bekanntes schafft Wohlbefinden, deshalb bleibt vieles beim Alten. Dass der Status von Frauen weltweit hinter dem zurückbleibt, der er sein sollte, ist keine Frage ihres Könnens, sondern Ergebnis feiner Ausreden und unbewusster Mechanismen.

(Erzwungene) Frauenförderung verändert die Welt. Auf der Südhalbkugel rettet sie Leben, auf der Nordhalbkugel schrumpft sie – umstritten, aber unvermeidlich – die Karriereaussichten für Männer. Hier und da messen sich Boni bereits daran, ob Chefs Frauen an Bord holen, sie fördern und halten können. Schnell ist da die Rede von einer Ära der Diskriminierung von Männern – enttäuschten Aufstiegswilligen, die lange dachten, es gäbe einen männlichen Anspruch auf gute Stellen. Kaum ein Beispiel zeigt das so gut wie das NRW-Landesbeamtengesetz, nach dem Frauen leichter befördert werden sollten. Das Gesetz war grob mangelhaft, doch noch lehrreicher waren die Reaktionen. Der NRW-Finanzminister billigte 1500 Beförderungen nach altem Recht – wohl um einer Klagewelle von Männern zu entgehen. Andere Vorgesetzte erklärten ihre Favoriten zu „Härtefällen“ und konnten auch sie noch rasch befördern. Einige Polizeipräsidien ignorierten die Reform einfach. Der Druck bleibt hoffentlich hoch – überall.

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