Signale der EU-Kommission Drohende Fahrverbote für Bonn wackeln

Brüssel/Berlin/Bonn · Auf Bitten aus Berlin signalisiert die EU-Kommission, dass Deutschland Fahrverbote bei nur geringfügiger Überschreitung der Grenzwerte als "unverhältnismäßig" umgehen darf. Damit steigt die Chance, die gerichtlich verhängten Fahrverbote für Bonn politisch zu verhindern.

Im Kampf gegen Diesel-Fahrverbote bekommt die Bundesregierung nun Unterstützung aus Brüssel. Auf eine entsprechende Bitte aus Berlin signalisierte die EU-Kommission am Mittwoch, dass Deutschland Fahrverbote bei nur geringfügiger Überschreitung der Grenzwerte als „unverhältnismäßig“ umgehen darf. Das könnte für Bonn bedeuten, dass drohende Fahrverbote nicht zum Tragen kommen.

Hintergrund sind die Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die unter Bezug auf die Luftreinhalte-Richtlinie der Union in mehreren Städten Dieselfahrverbote erstritten hatte. Das Regelwerk der EU setzt einen Höchstwert von 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft. Allerdings hatte die Bundesregierung stets argumentiert, dass eine Einhaltung dieser Vorgaben auch mit anderen Mitteln als drastischen Fahrverboten zu erreichen sind, wenn es nur um eine Überschreitung von bis zu 50 Mikrogramm gehe. Dann seien Maßnahmen, mit denen Dieselfahrzeuge ausgesperrt würden, überzogen.

In einer Stellungnahme betonte die Kommission am Mittwoch, dass die Richtwerte nicht verändert oder gar gelockert werden sollen. Allerdings sei es Sache der Mitgliedstaaten, wie die Belastung der Atemluft gesenkt werden kann. Fahrverbote habe Brüssel weder vorgeschrieben noch verlangt. Damit hat die Bundesregierung jetzt freie Hand, um auch mit anderen Mitteln für bessere Luft in den Städten zu sorgen.

Werden Fahrverbote politisch verhindert?

Der Umweltpolitiker der CDU-Europafraktion, der Mediziner Peter Liese, erklärte gegenüber unserer Zeitung: „Es gibt viele sinnvolle Maßnahmen, wie zum Beispiel die Nachrüstung von Bussen, Kommunalfahrzeugen und aus meiner Sicht auch Pkws. Dieselfahrverbote bei nur geringfügiger Überschreitung des Grenzwertes sind allerdings völlig unverhältnismäßig. Ich bin deshalb sehr froh, dass es jetzt von der Europäischen Kommission grünes Licht für ein entsprechendes deutsches Gesetz gibt.“

Mit großer Spannung wird nun in Brüssel eine Studie des EU-Parlamentes erwartet, die für Mitte März angekündigt ist. In ihr sollen die Standorte der Messstationen in fünf Mitgliedstaaten – darunter Deutschland – miteinander verglichen werden. Hintergrund: Vor allem in der Bundesrepublik gibt es den Verdacht, dass die deutschen Mess-Einrichtungen falsch aufgestellt wurden. Ziel der Luftreinhalte-Richtlinie sei es nämlich, nicht die punktuelle Belastung beispielsweise beim Überqueren einer Straße zu messen, sondern die Langzeitbelastung.

Im Falle der Gesetzesänderung stiege die Chance, die gerichtlich verhängten Fahrverbote für Bonn politisch zu verhindern. Hier lag der Höchstwert – an der Reuterstraße – zuletzt bei 47 Mikrogramm. Die Stadtverwaltung reagierte zunächst verhalten: Es handele sich lediglich um einen Gesetzesentwurf, die politischen Vorgänge in Brüssel und Berlin wolle man nicht kommentieren, sagte eine Sprecherin. Bekanntlich hatte das Verwaltungsgericht Köln auf Klage der Deutschen Umwelthilfe Reuterstraße und Belderberg für bestimmte Fahrzeugtypen gesperrt. Weil das Land Nordrhein-Westfalen Berufung einlegte, ist die Entscheidung nicht rechtskräftig.

Das Oberverwaltungsgericht Münster kündigte am Mittwoch einen Erörterungstermin für Mai an und stellte eine Entscheidung für August in Aussicht. Auch die mögliche Gesetzesnovelle im Bund werde dann thematisiert. „Es kann immer sein, dass sich im Laufe eines Verfahrens die Grundlage ändert“, sagte eine OVG-Sprecherin dem General-Anzeiger. Alles weitere müsse man nun abwarten.

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