Infos zu Parteien, Kandidaten und Regeln Das müssen Sie zur Europawahl am Sonntag wissen

Bonn · Am Sonntag finden in Deutschland die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Wer noch nicht abgestimmt hat, geht am 26. Mai ins Wahllokal. Hier sind die wichtigsten Infos rund um die Parteien, Kandidaten und Regeln zur Europawahl.

Wann findet die Europawahl 2019 statt?

Alle fünf Jahre findet die Europawahl statt, zuletzt 2014. 2019 wird vom 23. bis zum 26. Mai gewählt. Den Auftakt machen am Donnerstag, 23. Mai, die Niederlande und Großbritannien. In Deutschland finden die neunten Wahlen zum Europäischen Parlament am Sonntag, 26. Mai, statt. Dann können alle Wahlberechtigten, die bisher noch nicht abgestimmt haben (zum Beispiel per Briefwahl), im Wahllokal ihres Wahlbereichs ihre Stimme abgeben.

Der Grund dafür, dass die Wahl an unterschiedlichen Tagen stattfindet, liegt in den unterschiedlichen Wahlgewohnheiten in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. In Deutschland etwa finden Wahlen traditionell sonntags statt. Umstellen müssen sich zum Beispiel die Niederländer: Sie wählen normalerweise mittwochs und müssen diesmal an einem Donnerstag ins Wahllokal. Der wiederum ist der traditionelle Wahltag in Großbritannien.

Moment mal - die Briten? Dürfen die überhaupt noch mitmachen?

Ja, dürfen sie. Dadurch, dass der Brexit, der bereits durch Wahl beschlossene Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, verschoben wurde, nehmen die Briten an der Europawahl teil. Erwartet wird, dass die Europawahl in Großbritannien die Abstimmung über den Brexit wird.

Was oder wer wird bei der Europawahl denn nun genau gewählt?

Die Europawahl bestimmt über die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments in Straßburg, also darüber, welche Parteien in welcher Stärke im Europaparlament vertreten sind und welche Abgeordneten für diese Parteien im Parlament sitzen. Bei der Europawahl 2019 werden in Deutschland insgesamt 96 Abgeordnete gewählt. Im EU-Parlament gibt es aktuell neun Fraktionen.

Und warum sollte mich das interessieren?

Weil diese Abgeordneten des Europäischen Parlaments die Interessen der Bürger in der EU vertreten, und zwar staatenübergreifend. Das EU-Parlament erlässt gemeinsam mit der EU-Kommission und dem Ministerrat Gesetze, die im Normalfall für die gesamte Europäische Union gelten. Außerdem darf das Parlament Mitgliedsstaaten zu Regulationen verpflichten. Es wählt außerdem den Präsidenten der EU-Kommission.

Wer darf bei der Europawahl wählen gehen?

Rund 400 Millionen EU-Bürger sind berechtigt, bei der Europawahl 2019 wählen zu gehen. Außer in Österreich, wo bereits ab einem Alter von 16 Jahren gewählt werden darf, ist in allen Mitgliedsstaaten wahlberechtigt, wer EU-Bürger und mindestens 18 Jahre als ist. In Deutschland muss man im Wählerverzeichnis gelistet sein und seit mindestens drei Monaten nachweislich hier wohnen.

Läuft die Wahl denn in allen EU-Staaten gleich ab?

Nein. Denn alle 28 EU-Mitgliedsstaaten haben unterschiedliche Wahlsysteme. Vor allem in den größeren Ländern gibt es meist Sperrklauseln: Unterhalb einer bestimmten Hürde darf eine Partei nicht ins EU-Parlament einziehen. In Deutschland gilt eine solche Sperrklausel 2019 übrigens nicht - sie soll jedoch für die Wahl im Jahr 2024 wieder eingeführt werden.

Was ebenfalls unterschiedlich ist: Ein deutscher EU-Abgeordneter vertritt mehr Einwohner als etwa einer aus Zypern - die Zahl der Abgeordneten verhält sich zur jeweiligen Einwohnerzahl eines Mitgliedsstaates nicht proportional. Das klingt ungerecht, ist aber logisch: Sehr kleine Staaten könnten bei exakter Proportionalität möglicherweise keinen einzigen Abgeordneten stellen - und erst recht nicht ihre nationale Parteienlandschaft im EU-Parlament abbilden.

Welche Parteien und Kandidaten treten in Deutschland zur Europawahl an?

Insgesamt stellen sich 41 politische Vereinigungen in Deutschland der Wahl zum Europäischen Parlament. CDU und CSU haben erstmals ein gemeinsames Programm und einen gemeinsamen Spitzenkandidaten Manfred Weber präsentiert, der auch Kommissionspräsident werden will und dabei in erster Linie gegen den Sozialdemokraten Frans Timmermans (Niederlande) antritt. Die beiden lieferten sich im Vorfeld der Europawahl mehrere TV-Duelle.

Weiter treten in Deutschland neben anderen die SPD mit Spitzenkandidatin Katarina Barley (die für das EU-Mandat ihr Amt als deutsche Justizministerin aufgibt), Bündnis 90/Die Grünen (Ska Keller, die auch Spitzenkandidatin der europäischen Grünen ist, und Sven Giegold), FDP (Nicola Beer), Die Linke (Özlem Alev Demirel und Martin Schirdewan), AfD (Jörg Meuthen) und die Freien Wähler (Ulrike Müller) an.

Und was wird aus den nationalen Parteien dann im EU-Parlament?

Im Parlament schließen sich die Parteien der unterschiedlichen Mitgliedsstaaten zu Europaparteien entsprechend ihrer politischen Ausrichtung zusammen. Die größten Europaparteien sind die christlich-konservative Europäische Volkspartei (EVP), die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE), die Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE), die Europäische Grüne Partei/Europäische (EGP), die Allianz der Konservativen und Reformer in Europa (AKRE), die Europäische Linke (GUE/NGL) und die Bewegung für ein Europa der Nationen und der Freiheit (ENF).

Um eine Fraktion zu bilden, sind mindestens 25 Abgeordnete nötig.

Wie sieht der Stimmzettel aus und wie fülle ich ihn aus?

Der Stimmzettel für die Europawahl ist deutschlandweit nicht einheitlich aufgebaut, weil die Reihenfolge der aufgeführten Parteien und Kandidaten für jedes Bundesland einzeln bestimmt werden muss - je nach Abschneiden der Partei bei der jeweils letzten Europawahl. Grundsätzlich ist aber jeder Stimmzettel tabellarisch aufgebaut: In den zwei Spalten stehen links die Parteien und ihre Kandidatenlisten, und rechts daneben kann das Kreuz gesetzt werden. Jeder Wähler hat nur eine Stimme, das heißt es darf nur ein Kreuz gesetzt werden. Wer mehrere Kreuze setzt, dessen Wahl ist ungültig.

Gibt es Regeln, die ich im Wahllokal beachten muss?

Ja, einige. Zum Beispiel sollte man besser kein Selfie mit dem ausgefüllten Stimmzettel machen. Wir haben die Dos und Dont's zum Verhalten in der Wahlkabine zusammengestellt.

Welche Wahlbeteiligung wird erwartet?

Lag die Wahlbeteiligung bei der ersten Wahl zum Europäischen Parlament 1979 noch bei 65,7 Prozent, sackte sie in den Jahrzehnten danach kontinuierlich weiter ab. 2004 und 2009 gaben nur rund 43 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, 2014 waren es etwa 48 Prozent. Könnte es 2019 anders werden? Einer Umfrage zufolge ist das Interesse an der Europawahl in diesem Jahr so groß wie nie. Inwiefern sich das auf die tatsächliche Wahlbeteiligung niederschlägt, bleibt abzuwarten.

Gibt es bereits Prognosen über den Ausgang der Europawahl?

In Deutschland könnte der Ausgang der Europawahl Politik-Experten zufolge weitreichende Auswirkungen auf das Machtgefüge der aktuellen Bundesregierung haben: Union und SPD drohen bei der Europawahl am Sonntag massive Stimmenverluste. Kommt nach der Europawahl das große Stühlerücken? Erwartet wird, dass rechtspopulistische und nationalistische Parteien bei der Europawahl aufgewertet werden könnten: Jeder Zehnte will bei der Europawahl sicher rechts wählen. Inwieweit der kurz vor der Europawahl entfachte Skandal um das "Strache-Video" des österreichischen (nun Ex-)Vizekanzlers auf die Meinung dieser Wähler noch Einfluss haben könnte - und was Satiriker Jan Böhmermann damit zu tun hat - darüber kann vorerst nur spekuliert werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort