Kommentar zum transatlantischen Verhältnis Blackbox Trump

Meinung | München · Bei der Münchner Sicherheitskonferenz waren die Gäste aus den USA bemüht, die Nato-Partner zu beruhigen. Doch niemand weiß, was US-Präsident Donald Trump wirklich denkt.

Bekenntnis zur Nato: US-Vizepräsident Mike Pence spricht auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

Bekenntnis zur Nato: US-Vizepräsident Mike Pence spricht auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

Foto: dpa

Bündnis ist Bündnis, Beistand ist Beistand. Ist die Nato schon wieder raus aus dem internen Krisenmodus? Wenn es nur so einfach wäre. Sollten die Europäer Zweifel an der Bündnistreue der USA gehabt haben, sie könnten sich nach den Reden von US-Vizepräsident Mike Pence und Verteidigungsminister James Mattis bei der Münchner Sicherheitskonferenz halbwegs beruhigt zurücklehnen. Einerseits. Doch Europa muss alarmiert bleiben. Was von der Zusicherung aus Washington zu halten ist, die Nato würde weder vernachlässigt oder gar aufgegeben, muss sich noch zeigen.

Man mag Pence seinen festen Willen glauben und man möchte Mattis dessen gute Absicht ebenfalls abnehmen. Nur was sagt US-Präsident Donald Trump? Und meint er, was er sagt, wenn er ein Bekenntnis zum Bündnis ausrichten lässt? Trump ist eine außenpolitische Blackbox, eine Wundertüte, in der es jeden Tag etwas Neues zu entdecken gibt. Gerade war die Nato noch veraltet und überholt, jetzt hat sie scheinbar wieder Konjunktur. Das Problem: Ein Verteidigungsbündnis braucht Richtung und keinen tagesaktuellen Kurs, wie ihn die Börsen aufrufen. Big deal? Bad deal? No deal? Sicherheit ist überhaupt kein Handel. Sie ist grundlegend. Und somit nicht verhandelbar, weil sonst das Tor zu Unsicherheit und Instabilität himmelweit aufgestoßen würde.

Die Europäer werden alle sehr viel tun müssen für die gemeinsame Sicherheit. Zugleich wird die Rolle Deutschlands zunehmend wichtiger, das als europäisches Schwergewicht ganz bewusst weiter den multilateralen Anspruch betont, gerade in einer Welt, die der neue US-Präsident nach Art eines Geschäftsmannes am liebsten bilateral ordnen würde. Wer bietet mehr? Wer kauft zu meinen Bedingungen? Wer unterwirft sich meinem Diktat?

Noch ist nicht ausgemacht, wie sich die neue US-Regierung außenpolitisch tatsächlich ausrichten wird. Vizepräsident Pence hat den europäischen Partnern erst einmal ein Beruhigungsmittel verabreicht. Eine starke Dosis Beistandsversicherung soll aus Sicht Washingtons reichen, von Europa mehr Geld für die gemeinsame Verteidigung zu erhalten.

Wenn Trump die Nato tatsächlich zur Disposition stellen würde, wäre dies auch für die USA eine hoch riskante Angelegenheit. Ob Pence, Mattis und Außenminister Rex Tillerson jenen Einfluss auf den Präsidenten haben, der nötig ist, um ihr Land auf einem berechenbaren Kurs zu halten, ist eine offene Frage. Trump hat erkennbar Schwierigkeiten, die Koordinaten der internationalen Politik zu verstehen. Grundsätzlich ist das transatlantische Bündnis nach 68 Jahren gemeinsamer Geschichte stabil genug, auch eine Phase der Ungewissheit zu überstehen. Sollte die Nato tatsächlich vor einem Lackmustest stehen, dann sinnigerweise nicht durch einen Feind oder Gegner von außen, sondern durch Unberechenbarkeit an der Spitze der Führungsmacht USA.

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