Kommentar zu Scheuers Vorstoß Bemerkenswert

Meinung | Berlin · Fahrräder stärken, Fahrgemeinschaften auch: Verkehrsminister Scheuer schlägt viele neue Regeln für die Straße vor. Scheuer erfindet sich ein klein bisschen neu und wird ein bisschen ökologischer, kommentiert Birgit Marschall.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ändert die Straßenverkehrsordnung (StVO) zu Gunsten von Fahrradfahrern und zu Ungunsten der Autofahrer. Für einen Minister aus der CSU, die über viele Jahre dem Straßenverkehr und den Autofahrern den Vorzug gegeben hatte, ist das ein bemerkenswerter Schritt. Scheuer erfindet sich ein klein bisschen neu und wird ein bisschen ökologischer.

Falschparker und Gaffer können sich auf deftigere Strafen gefasst machen. Scheuer folgt damit einer Online-Petition von zwölf Verbänden, darunter der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der ökologische Konkurrenz-Verband des viel größeren ADAC , und der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club. 14 000 Menschen hatten die Petition unterschrieben.

Fahrradfahrern in Städten das Leben zu erleichtern, ist ökologisch sinnvoll und auch aus Sicherheitsgründen überfällig. Autos, die auf Radwegen oder in zweiter Reihe parken, sind im engen Stadtraum ärgerliche Hindernisse. Nicht sinnvoll ist deshalb Scheuers weiterer Plan, die bereits gut ausgelasteten Busspuren auch für E-Tretrollerfahrer oder voll besetzte Pkws frei zu geben. Das wird zu neuem Verkehrschaos führen und behindert Radfahrer.

Noch wichtiger: Künftig soll ein neues Überholverbotsschild Fahrrad- und Zweiradfahrer besser schützen. Fußgänger, Radfahrer und E-Tretrollerfahrer sollen innerorts nur noch mit einem Mindestabstand von 1,5 Metern überholt werden dürfen, außerorts gilt künftig sogar ein Mindestabstand von zwei Metern. Das kann Fahrradfahren tatsächlich sicherer machen.

Kann, muss aber nicht. Denn alles wird davon abhängen, ob die Strafen auch geahndet werden. Die Ausstattung der Kommunen mit Verkehrspolizisten ist nach vielen Sparrunden begrenzt. Vor allem Fahrrad fahrende Polizisten gibt es erst wenige. Aber nur aus der Fahrrad-Perspektive lassen sich viele Vergehen erkennen.

Die Fahrrad-Lobby muss aber auch eingestehen, dass sich zu viele Radfahrer im Straßenverkehr nicht an Regeln halten, dass sie durch anarchistisches Verhalten andere und sich selbst gefährden. Auch für Fahrradfahrer muss es härtere Strafen geben, wenn sie sich unfair verhalten.

Wichtig auch die härteren Strafen gegen Gaffer bei Verkehrsunfällen. Unerträglich ist, dass viele Autofahrer bei Unfällen die Rettungskräfte behindern, weil sie anhalten, filmen und gaffen. Wer keine Rettungsgasse bildet und den Verkehr behindert, muss härter bestraft werden. Da sind die geplanten 320 Euro Bußgeld fast schon zu wenig.

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