Konsequenzen Seehofer verbietet Bremer Bamf-Außenstelle Asylentscheidungen

Nürnberg/Berlin · In der Affäre um mutmaßlich unrechtmäßige Asylbescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hat Seehofer der Behörde nun weitere Entscheidungen verboten.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat als Konsequenz aus der Affäre um unrechtmäßige Asylentscheide in Bremen der dortigen Außenstelle des Flüchtlingsbundesamtes (Bamf) bis auf weiteres verboten, über Anträge von Flüchtlingen zu entscheiden. Das teilte das Ministerium am Mittwoch mit.

Seehofer sagte demnach: „Das Vertrauen in die Qualität der Asylverfahren und die Integrität des Ankunftszentrums Bremen ist massiv geschädigt worden.“ Die Bearbeitung der Asylverfahren des Ankunftszentrums Bremen werde von anderen Außenstellen des BAMF mit sofortiger Wirkung übernommen.

Weiter hieß es, ein Bericht der internen Revision des Bamf vom 11. Mai zeige „deutlich, dass im Ankunftszentrum Bremen bewusst gesetzliche Regelungen und interne Dienstvorschriften missachtet wurden“.

Im Zentrum der Affäre steht die Bamf-Außenstelle Bremen. Dort sollen zwischen 2013 und 2016 Mitarbeiter mindestens rund 1200 Menschen ohne ausreichende rechtliche Grundlage Asyl gewährt haben. Gegen die damalige Bremer Bamf-Chefin und weitere Verdächtige laufen Ermittlungen wegen Bestechlichkeit und bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung.

Keine Erkenntnis einer Anzeiger

Förmliche Ermittlungen seien jedoch nicht eingeleitet worden, sagte die Pressesprecherin, Oberstaatsanwältin Anita Traud, der Deutschen Presse-Agentur. Bislang sei routinemäßig lediglich ein Aktenzeichen vergeben worden. Geprüft werde nun der in der Anzeige aufgeworfene Verdacht einer Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt im Bundesgebiet. Traud widersprach Medienberichten, wonach ihre Anklagebehörde ein Ermittlungsverfahren gegen Bamf-Präsidentin Jutta Cordt eingeleitet habe.

Ein Sprecher des Bundesamts erklärte, die Behörde habe keine Kenntnis von einer entsprechenden Anzeige. Grundsätzlich sei es jedoch nicht unüblich, dass Anzeigen gegen Politiker oder Behördenleiter gestellt werden. "Sollte die besagte Anzeige beim Bundesamt eingehen, wird das Bundesamt eng mit der ermittelnden Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten und alle relevanten Informationen zur Verfügung stellen."

Die FDP-Innenpolitikerin Linda Teuteberg forderte angesichts mutmaßlich massenhaft unzulässiger Asylbescheide Konsequenzen: "Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, dass Frau Cordt schon früher von den Vorgängen wusste, als sie es bisher dargestellt hat, dann muss Minister (Horst) Seehofer sie entlassen", sagte sie den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND/Mittwoch).

Der ehemalige Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise führt die Unregelmäßigkeiten auch auf eine chaotische Organisation in der Behörde zurück. "Es gab keine Strukturen, die dieser Belastung hätte gerecht werden können, keine funktionierende IT, keine Prozesskette", sagte Weise dem RND. Es habe "kaum Kontrollmechanismen" gegeben. "Eine Innenrevision zur Prüfung von Vorgängen und Entscheidungen habe erst ich eingeführt", sagte Weise. Obendrein sei das Bamf durch "die enorm hohe Zahl von Asylanträgen überfordert" gewesen.

Der inzwischen pensionierte Weise hatte von September 2015 bis Ende 2016 gleichzeitig die Bundesagentur für Arbeit und das Bamf geleitet. Anfang 2017 war Jutta Cordt an die Bamf-Spitze gerückt.

Der Deutsche Städtetag forderte rasche Aufklärung. "Wir müssen darauf vertrauen können, dass es bei den Asylverfahren korrekt zugeht. Deshalb müssen zügig alle Fakten auf den Tisch, es darf nichts unter den Teppich gekehrt werden", sagte Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch). "Das ist auch deshalb nötig, weil die Städte wollen, dass Integration gelingt und die Menschen Asylberechtigten nicht mit Misstrauen begegnen."

Die Anerkennungsquoten für Schutzsuchende bewegt sich nach einem Medienbericht derweil weiter auf einem niedrigen Niveau. Bei den zwischen Januar und Ende April vom Bamf getroffenen Entscheidungen habe nur jeder Dritte (32,5 Prozent) einen Schutztitel zugesprochen bekommen, berichtet die "Welt" mit Verweis auf offizielle Zahlen.

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