Kommentar zur Bahnpolitik An die Arbeit

Meinung | Bonn · Neben dem Bahn-Vorstand ist es Verkehrsminister Andreas Scheuer selbst, der entscheidende Mitverantwortung für die Probleme trägt. Er spielt sich als oberste Aufsichtsperson auf und würde besser dafür sorgen, dass an wichtigen Knotenpunkten etwas passiert.

Köln. Hamburg. Frankfurt. München. Mit diesen vier Städtenamen ist schon ein großer Teil der Probleme beschrieben, deretwegen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nun zum zweiten Mal den Bahn-Vorstand zum Rapport antreten ließ. Und diese kurze Liste von vier zentralen und nahezu hoffnungslos überlasteten Bahn-Knotenpunkten macht auch klar, wer – natürlich neben dem Bahn-Vorstand – entscheidende Mitverantwortung für die Probleme trägt: der Minister selbst, der sich da als oberste Aufsichtsperson aufspielt und besser dafür sorgen würde, dass an diesen Knotenpunkten etwas passiert.

Ein Intercity, der den Hamburger Hauptbahnhof nicht rechtzeitig verlässt, wird auch zu spät in Köln ankommen und dort den Fahrplan des Fern- und Nahverkehrs durcheinanderbringen. Die Folgen spürt man dann in Bonn, in Siegburg, in Aachen. Und am nächsten großen und wiederum chronisch verstopften Schienenknoten in Frankfurt. Daran werden auch die tüchtigsten Bahn-Vorstände so lange nichts ändern können, bis Scheuer oder einer seiner Nachfolger einen umfassenden Ausbau der großen Bahnhöfe und ihrer Zulaufstrecken durchgesetzt hat.

Das ist eine Frage des Geldes, mehr noch der Planungskapazitäten und des Planungsrechts. Der Ausbau des Knotens Köln etwa steht endlich im Bundesverkehrswegeplan, aber nur mit allgemeinen Formulierungen. Man kann schon froh sein, wenn sich bis 2030 etwas tut. Eine neue Güterzugstrecke entlang der Rheinschiene hat es gerade mal zum Gegenstand einer Machbarkeitsstudie geschafft. Und wenn dann irgendein Ausbauplan endlich politisch beschlossen sein sollte, beginnt ein quälend langer Rechtsweg – aktuelles Beispiel: der Streit um den Rhein-Ruhr-Express. Dabei zeigt der Neubau der Leverkusener Autobahnbrücke, dass es durchaus möglich ist, Verkehrsbauten von nationalem Interesse – nur um die geht es – per Gesetz durchzusetzen.

Das wäre wichtiger als alle anderen Ideen zur Sanierung der Bahn. Mehr Personal ist willkommen, und neue Züge lassen sich immer gut bewerben. Aber normalerweise sind Schienenfahrzeuge einige Jahrzehnte lang brauchbar. Die Bahn zum Verkauf ihres Auslandsgeschäfts zu zwingen, wie der Bundesrechnungshof fordert, käme im linken Lager gut an, aber was soll das? Im Inland müsste die Bahn internationale Konkurrenz hinnehmen – möglicherweise von ihren eigenen Ex-Töchtern – und dürfte selbst im Ausland nicht mehr mitbieten?

Kritisch prüfen sollte der Eigentümer Bund allerdings, ob Planung und Betrieb der Bahn-Infrastruktur im heutigen Konzernverbund richtig aufgehoben sind. Ob da nicht die Bildung einer reinen Infrastrukturgesellschaft sinnvoll wäre. Stoff zum Nachdenken also für Andreas Scheuer, der sich nun hoffentlich endlich selbst an die Arbeit macht.

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