Münchner Sicherheitskonferenz „Ein Kampfeinsatz in Afrika wäre die Rote Linie“

MÜNCHEN · Die Bundesregierung betont die wachsende Bedeutung der Entwicklungshilfe als Garant für Frieden und Sicherheit. Mehr Militär wird nicht mehr Frieden schaffen, sagt Entwicklungsminister Gerd Müller.

 "Entwicklungspolitik ist die beste Friedenspolitik", sagt Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (links, CSU). Mit Bill Gates vereinbarte er in München eine engere Zusammenarbeit mit der Bill & Melinda Gates Stiftung.

"Entwicklungspolitik ist die beste Friedenspolitik", sagt Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (links, CSU). Mit Bill Gates vereinbarte er in München eine engere Zusammenarbeit mit der Bill & Melinda Gates Stiftung.

Foto: dpa

Wenn es nur so einfach wäre: Straße, Anruf, Müller. Ursula von der Leyen blickt hinüber zu ihrem Kabinettskollegen Gerd Müller. Von der Leyen sorgt in ihrem Amt für Sicherheit, Müller für Entwicklung. Braucht also ein Staat wie Niger oder Mali, in dem die Bundeswehr heimische Streitkräfte ausbildet, eine neue Straße: Müllers Job. Der deutsche Entwicklungshilfeminister schmunzelt leicht bitter.

Alle reden über das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel der Nato. Doch CSU-Politiker Müller findet: Es gibt schon genügend Waffen und Waffensysteme auf diesem Globus. Wenn nun also die Europäer in der Nato ihre Verteidigungsetats, wie in der Allianz beschlossen, auf zwei Prozent des jeweiligen nationalen Bruttoinlandsproduktes (BIP) aufblähen sollen, schaffe dies nicht automatisch mehr Sicherheit. „Entwicklungspolitik ist die beste Friedenspolitik“, sagt Müller.

Wenn Deutschland also seinen Verteidigungsetat von derzeit rund 1,2 Prozent des BIP auf zwei Prozent aufstocke bedeute dies einen tiefen Griff in die Staatskasse: von aktuell 37 Milliarden Euro, was acht Prozent mehr als noch 2016 sind, auf dann rund 61 Milliarden Euro. Zum Konferenzauftakt hatte Microsoft-Gründer Bill Gates auch die Europäer, vor allem Deutschland, aufgefordert, mehr für den geschundenen afrikanischen Kontinent zu tun. „Es gibt schon viel Fortschritt, aber wir können noch mehr tun“, sagt Gates, dessen Stiftung sich für Entwicklung im nicht entwickelten Teil der Welt einsetzt.

Entwicklungsminister Müller ist da ganz auf seiner Seite: „Afrika ist die Herausforderung dieses Jahrhunderts.“ Bis 2050 würden in Afrika zwei Milliarden Kinder geboren. Und Müller ist überzeugt: „Militärs können Feuer löschen. Aber so viele Feuerlöscher gibt es nicht auf der Welt, wie Brände entstehen, wenn wir nicht handeln.“ Mehr Militär werde nicht mehr Frieden auf der Welt schaffen. „Wir müssen in Entwicklung investieren, um Krisen und Kriege der Zukunft zu verhindern.“ Weltweit würden derzeit 160 Milliarden Euro für Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben, aber 1700 Milliarden Euro für Militär und Verteidigung. Da ist nach Müllers Überzeugung viel Luft, zumindest einen Teil des Geldes anders einzusetzen. Allein Europa leiste sich 17 verschiedene Panzertypen und 29 verschiedene Fregatten, so der Entwicklungsminister.

Müller, Obergefreiter außer Diensten, hatte in der vorvergangenen Woche in Kenia seinen Marshallplan mit Afrika vorgestellt. Er habe dort „den afrikanischen Freunden“ auch gesagt: „Es ist Euer Kontinent. Es ist Eure Verantwortung. Afrika muss seine Krisen und Konflikte selbst bewältigen.“ Aber der Kontinent brauche fairen Handel. Wenn ein Kaffeebauer in Kenia für ein Kilogramm Rohkaffee gerade mal 50 Cent bekomme, dann sei dies ein „Sklavenpreis“. Veredelt lege der Verbraucher in Deutschland für diesen Kaffee zehn Euro auf die Ladentheke.

Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel betont, dass für eine sichere Welt nicht nur die Militärausgaben, sondern auch die Investitionen für Entwicklung erhöht werden müssten. Im vergangenen Jahr übrigens habe Deutschland das Ziel erreicht, 0,7 Prozent seines BIP für Entwicklung auszugeben: wegen der Kosten zur Bewältigung des Flüchtlingszuzuges. Müller hofft, im Kampf gegen Korruption, für saubere Regierungsführung und für bessere Entwicklung, die G20 zu gewinnen. Deutschland will dazu beim G20-Gipfel im Sommer einen Schwerpunkt für mehr finanzielle Inklusion setzen.

Am Rande der Konferenz unterzeichnete Afghanistans Präsident Muhammad Ashraf Ghani ein Abkommen, das ihm eine Milliarden-Unterstützung der europäischen Länder zusichert, wenn er im Gegenzug afghanische Migranten ohne Bleibeperspektive in Europa zurücknimmt.

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