Wahl der Spitzenkandidaten für 2017 Özdemir und Göring-Eckardt: Grünes Duo für die Mitte

BERLIN · Per Mitgliederentscheidung haben die Grünen ihre Spitzenkandidaten für das Wahljahr 2017 gewählt: Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt. Die beiden wollen im Wahlkampf den Schutz von Natur und Klima in den Vordergrund stellen.

Um 9.20 Uhr kam der erlösende Anruf, jedenfalls für Cem Özdemir: Michael Kellner, der politische Geschäftsführer der Grünen, hat die Kandidaten persönlich darüber informiert, wie sie bei der Urwahl abgeschnitten haben. Für Kellner war es der Schlusspunkt in einem monatelangen Prozess, für den er das hübsche Motto „Basis ist Boss“ erfunden hat. Dass die Basis sich bei dieser Mitgliederentscheidung über das grüne Spitzenduo für den Bundestagswahlkampf als nicht gerade einfacher Boss für die Führungsspitze entpuppt hat, musste Kellner gerade Özdemir sicher nicht lange erklären.

Mit der Zahl 75 lag das nur zu deutlich auf der Hand. So groß oder klein ist der Vorsprung, den Özdemir mit 12.204 Stimmen (35,96 Prozent) vor dem schleswig-holsteinischen Umweltminister Robert Habeck mit 12.129 Stimmen (35,74 Prozent) errungen hat. Beide haben Anton Hofreiter, den Bundestagsfraktionschef und einzigen Kandidaten des linken Parteiflügels, mit 8686 Stimmen (26,19 Prozent) auf den dritten Platz verwiesen.

Für alle drei bei der Urwahl konkurrierenden Männer hat das Ergebnis einen bitteren Beigeschmack: Özdemir muss trotz Favoritenrolle mit einem äußerst knappen Sieg zufrieden sein. Habeck kann sich grämen, dass er trotz Außenseiterrolle nur um Haaresbreite gescheitert ist. Und Hofreiter muss mit einer durch den Basisentscheid angeknacksten Autorität weiter an herausgehobener Stelle Politik machen.

Özdemir und Göring-Eckardt zeigen sich als Team

Tatsächlich wird auch Katrin Göring-Eckardt bei Michael Kellners morgendlichem Anruf ein Stein vom Herzen gefallen sein. Ihr Erfolg stand mangels Konkurrenz um den Frauenplatz im Spitzenteam zwar von Anfang an fest. „Aber wenn Sie mir gestern hätten Prognosen entlocken können, würden Sie verstehen, warum ich heute Morgen gejubelt habe“, sagte sie später bei der ersten Pressekonferenz der Spitzenkandidaten. Sie hat mit 70 Prozent der abgegebenen Stimmen so viel Zuspruch wie Habeck und Özdemir zusammen.

Drei Botschaften stellten Özdemir und Göring-Eckardt bei ihrer Pressekonferenz in den Mittelpunkt: Erstens präsentierten beide sich als eingespieltes Team, das einander vertraut. Zweitens betonten beide, wie dringend sie die beiden unterlegenen Mitbewerber Robert Habeck und Anton Hofreiter ins Wahlkampfteam einbinden wollen. Und drittens richteten sie sich auf das Ziel eines deutlich zweistelligen Wahlergebnises mit anschließender Regierungsbeteiligung ein.

Ökologie als thematisches Fundament

„Wir wollen die Natur erhalten und das Klima schützen, das wird der Kern des grünen Wahlkampfes sein“, sagte Göring-Eckardt. Es gehe um „gutes Klima“ in der Natur und in der Gesellschaft. Er wolle die Grünen zu einem „starken Wahlergebnis führen, damit an uns am Ende kein Weg vorbeiführt“, betonte Özdemir. „Wir müssen mit all denen ins Gespräch kommen, die zwar grün ticken, aber ihr Kreuz woanders machen oder gar keines machen.“

Göring-Eckardt und Özdemir verneinten, dass mit der Entscheidung der Basis für zwei Realpolitiker im Spitzenteam eine Vorentscheidung für Schwarz-Grün gefallen sei. „Wir werden die Partei in ihrer ganzen Breite mitnehmen“, versicherte Özdemir. „Wenn es eine Lehre aus 2013 gibt, dann ist es, dass die Ökologie ins Zentrum dieses Wahlkampfs kommen muss“. Göring-Eckardt betonte in Bezug auf die Flüchtlingspolitik, dass die Grünen „die Partei der Willkommenskultur bleiben werden“.

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