Besuch im Forum Adenauer De Maizière: Mehr Rechte für den Bund ins Grundgesetz

Bad Honnef · Der frühere Innen- und Verteidigungsminister Thomas de Maizière sieht an mehreren Stellen der Verfassung Veränderungsbedarf. Zum Beispiel kritisiert er diesbezüglich die Cybersicherheit oder den Katastrophenschutz.

Thomas de Maizière soll an diesem Abend in der Reihe „Forum Adenauer“ die Festrede halten. Zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes geht es bei der von der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus und der Bad Honnefer CDU organisierten Veranstaltung um das Thema: „Deutschland in guter Verfassung?“ Doch bevor der frühere Minister im Haus Rheinfrieden beginnt, erzählt er den rund 200 Gästen von „einem bewegenden Erlebnis“ eine Stunde zuvor.

Er habe „ein gut ausgestattetes Einfamilienhaus mit Stil und Format“ besucht, aber keineswegs eine protzige Villa, so de Maizière und meint das wenige hundert Meter entfernte frühere Wohnhaus Konrad Adenauers. Als der gebürtige Bonner sagt, er müsse „zu meiner Schande gestehen, dass ich zum ersten Mal dort war“, geht ein Murren durch den Saal. Na ja, fügt er hinzu, er habe „sowieso keinen guten Ruf in Bonn“. Gerade de Maizière war es, der als Innen- und als Verteidigungsminister viele Bonner Ministeriumsstellen nach Berlin zu verlagern versuchte. Das war von Oktober 2009 bis März 2018.

Inzwischen ist de Maizière nur noch einfacher Bundestagsabgeordneter für den sächsischen Wahlkreis Meißen. Doch wenn er seine Vorstellungen kundtut, wo er im Grundgesetz Veränderungsbedarf sieht, dann klingt das so, als würde sich da jemand weiter mit Vehemenz in die politischen Diskussionen einbringen wollen – gerade im Blick auf die Zusammenarbeit von Bund und Ländern.

Zum Beispiel bei der Cybersicherheit: Für die seien, auch bei großen Angriffen, die Länder zuständig. „Es ist aber unvorstellbar bis unmöglich, dass 16 Bundesländer jeweils ihre eigene Cybersicherheit organisieren.“ Daher fordert de Maizière „ein ganzheitliches Konzept der Cybersicherheit mit grundsätzlicher Zuständigkeit des Bundes“.

Beispiel Katastrophenschutz

Zum Beispiel beim Katastrophenschutz: Deutschland sei wohl „das einzige Land der Welt, in dem der Nationalstaat und seine Regierung keine Zuständigkeit für nationale Katastrophen“ habe. Bisher sei man damit zwar gut gefahren, habe etwa bei Hochwasser mit Hilfe der Bundeswehr auch pragmatische Lösungen gefunden. Was aber geschehe bei einem bundesweit angelegten Cyberangriff mit einem großen Störfall in einem Kernkraftwerk, einem großflächigen Stromausfall oder einer Verseuchung von Grundwasser? „Hier brauchen wir mindestens eine koordinierende Zuständigkeit des Bundes“, meint de Maizière.

Zum Beispiel bei der Sicherheit: Zur Abwehr von Terror, international organisierter Kriminalität und Cyberkriminalität müsse laut de Maizière das Bundeskriminalamt, ähnlich wie der Generalbundesanwalt, Fälle von nationaler Sicherheit an sich ziehen dürfen.

Zum Beispiel bei der Migration: „Ich schlage eine Einwanderungs- und Aufenthaltsbehörde des Bundes für alle Statusfragen eines Ausländers und die Fragen der Finanzierung der sozialen Leistungen vor“, sagt de Maizière. Schließlich würden die Länder bei der Erteilung der Duldung für abgelehnte Asylbewerber, der Verleihung der Staatsbürgerschaft, der Regelung des Aufenthaltsstatus' oder bei Abschiebungsanordnungen „so unterschiedlich agieren, dass die Wahrung der Rechtseinheit in Gefahr“ gerate. Die Länder könnten ja im Gegenzug für die Integration zuständig sein. Um all das neu zu regeln, wünscht sich de Maizière „eine große Staatsorganisationsreform“. Mit ihm an vorderster Stelle? Die 40 Minuten in Rhöndorf könnten durchaus als Bewerbungsrede aufgefasst werden.

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