Urteil des Oberverwaltungsgerichts Dämpfer für Islamverbände im Streit um Religionsunterricht

Münster · Das Oberverwaltungsgericht Münster hat entschieden, das der Zentralrat der Muslime und der Islamrat nicht alle Kriterien einer Religionsgemeinschaft erfüllen. Das Urteil hat Folgen für den Islamunterricht.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat die Klage zweier Islamverbände auf Einführung islamischen Religionsunterrichts an nordrhein-westfälischen Schulen abgewiesen. Der Zentralrat der Muslime und der Islamrat erfüllten nicht alle vier Kriterien einer Religionsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes, sagte Bernd Kampmann, Vorsitzender Richter des 19. Senats. Aus den Satzungen der beiden Dachverbände lasse sich nicht die notwendige Sachautorität und -kompetenz für identitätsstiftende religiöse Aufgaben ableiten. Zudem müsse die religiöse Autorität der Dachverbände bis hinunter zu den Moscheegemeinden Geltung haben.

Der islamische Religionsunterricht in NRW kann damit nach dem bisherigen Beiratsmodell in jedem Fall bis zum Sommer 2019 weitergeführt werden. Das Land muss diese Verbände nun künftig auch nicht als alleinige Ansprechpartner beim islamischen Religionsunterricht akzeptieren. Für die beiden Organisationen bedeutet die Entscheidung aber auch in anderer Hinsicht einen Rückschlag. Die Anerkennung als Religionsgemeinschaft hätte ihnen zu mehr gesamtgesellschaftlicher Akzeptanz verholfen und womöglich den Zugang zu anderen Gremien demokratischer Teilhabe wie etwa den Rundfunkräten erleichtert.

Der Vorsitzende Richter führte zur Begründung aus, die Verbände seien in ihrer Struktur äußerst heterogen, es gebe sehr unterschiedliche Auffassungen über religiöse Fragen. Auch sei fraglich, ob die Lehrautorität der Dachverbände bis in die Moscheegemeinden hinein umgesetzt werden könne. Die Islamverbände hatten zuvor eingewandt, es entspreche der Wissenstradition des Islam, dass es immer auch abweichende Meinungen von der herrschenden Lehrmeinung gebe. Damit sei die Lehrautorität ohnehin wenig verbindlich. Das Gericht lege viel strengere Maßstäbe an als etwa bei der katholischen Kirche.

Klage bereits 1998 eingereicht

Die beiden Verbände hatten ihre Klage gegen das Land NRW schon 1998 eingereicht. Sie machten einen Anspruch auf Durchsetzung eines islamischen Religionsunterrichts allein nach ihren Vorstellungen geltend. Damit waren sie jedoch zuvor bereits in zwei Instanzen gescheitert. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte den Fall jedoch 2005 an das OVG zurückverwiesen, weil es in der Frage der Anerkennung als Religionsgemeinschaft weiteren Klärungsbedarf sah.

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) begrüßte das Urteil: „Ich bin froh und hoffe, dass die rechtlichen Auseinandersetzungen nunmehr einen Abschluss gefunden haben.“ Die Landesregierung sei entschlossen, weiterhin islamischen Religionsunterricht anzubieten. Angesichts von fast 400 000 muslimischen Schülerinnen und Schülern in NRW gehöre ein solches Angebot an die Schulen.

Das Beiratsmodell müsse nun weiterentwickelt werden. Das Ziel bleibe ein flächendeckender, einheitlicher islamischer Religionsunterricht in NRW, der unter staatlicher Aufsicht von in Deutschland ausgebildeten Lehrern in deutscher Sprache durchgeführt werde. NRW-Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU) hob hervor: „Das Urteil ist auch im Sinne der Verbände, da sie ihre Anstrengungen für eine Struktur, um als deutsche Islamverbände anerkannt zu werden, nun verstärken müssen.“

Der Islamrat äußerte sich enttäuscht. Das OVG hätte die Verbände als Religionsgemeinschaften anerkennen sollen, so der Vorsitzende Burhan Kesici, unter anderem weil sie bundesweit aktiv seien und die religiöse Praxis auf vielen Ebenen bestimmten.

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